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Jobben im Studium - Teil 5 - Zum Thema Arbeitszimmer steht das Urteil noch aus

Studenten

  • Lesedauer: 6 Min.

Im vorigen Ratgeber ging es um die steuerliche Anerkennung von Gegenständen, die nicht nur für das Studium genutzt werden; hier hat sich die Rechtsprechung für Studierende günstig entwickelt. Gleiches gilt für Reisekosten. Das theoretisch geltende Aufteilungsverbot bei gemischten (privat und beruflich veranlassten) Aufwendungen wurde vom Großen Senat des Bundesfinanzhofs (BFH, Urteil vom 27.9.2009, GrS 1/06) auf 23 Seiten buchstäblich in seine Einzelteile zerlegt. Entschieden wurde über die Reise eines Computerexperten, die vier Tage Computermesse und drei Tage Casinobesuche in Las Vegas umfasste. Der EDV-Spezialist wollte nicht nur die Hotelkosten für vier Nächte und den Verpflegungsaufwand für fünf Tage, sondern auch vier Siebtel der Flugkosten als Werbungskosten absetzen und hatte damit Erfolg. Mit diesem Grundsatzurteil können Reisen, bei denen es sowohl um Studienzwecke als auch um private Interessen geht, exakt abgerechnet werden, nämlich entsprechend des zeitlichen Anteils der beruflichen Betätigung.

Erst Sprachkurs dann Strandurlaub

Damit sind drei Wochen Strandurlaub im Anschluss an den vierwöchigen Sprachkurs oder der Verwandtenbesuch in Kombination mit einer Kongressteilnahme endlich kein Problem mehr. Dem Finanzamt nachgewiesen werden müssen die Teilnahme an einer für das Studium wichtigen Veranstaltung, ihr zeitlicher Umfang sowie Dauer und Kosten der gesamten Reise.

An dieser Stelle sei eingeschoben, dass die gelegentlich von Finanzämtern vorgebrachte Argumentation, der Sprachkurs im Ausland sei doch gar nicht nötig gewesen, denn am Wohnort gebe es doch auch Kurse, von den verschiedenen Instanzen der Finanzgerichtsbarkeit mehrfach und regelmäßig zurückgewiesen wurde. Denn im Ausland taucht man in die Sprache ein, und der Lernerfolg ist größer. Studierende sollten bei diesem Thema überhaupt keine Probleme bekommen, ebenso wenig wie mit Austauschprogrammen anderer Universitäten, Auslandssemestern, Praktika und ähnlichen Veranstaltungen.

Heftig umstritten sind in den letzten Jahren die häuslichen Arbeitszimmer. Bis Ende 2006 galt ein Dreistufenmodell: Anerkennung Null, bis 1.250 Euro oder in voller Höhe.

Null Anerkennung gab es für Arbeitszimmer, in denen der geringere Teil der eigenen Arbeitsleistung erbracht wurde und wenn man im Betrieb einen eigenen Arbeitsplatz hatte. Die Büroangestellte, die sich ab und zu Arbeit mit nach Hause nahm, ging also leer aus.

Kosten bis 1.250 Euro wurden zum einen anerkannt bei Arbeitszimmern, in denen der überwiegende bzw. der wesentliche Teil der Arbeit erledigt wurde – dies galt z. B. für Versicherungsmakler, die in ihrem Arbeitszimmer Kunden empfingen, Kalkulationen erstellten und den ganzen »Bürokram« erledigten, während sie bei Außenterminen »nur« Aufträge akquirierten oder Objekte begutachteten.

Kosten bis 1.250 Euro wurden zum anderen anerkannt, wenn die Betroffenen zwar nicht überwiegend zu Hause arbeiteten, aber bei ihrem Arbeitgeber keinen eigenen Arbeitsplatz hatten – dies betraf typischerweise Lehrer, die ihre Klausuren eben nicht in der Schule vorbereiten konnten, sondern dies zu Hause erledigen mussten.

Unbegrenzte Anerkennung gab es für Arbeitszimmer, die »den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit« bildeten. Also etwa die Bibliothek eines Literaturkritikers, das Büro eines Richters oder das Computerkabinett eines Programmierers.

Zum 1.1.2007 schaffte der Gesetzgeber die mittlere Stufe ab, seitdem gilt: Alles oder nichts. Dagegen erhob sich massiver Protest. 2009 kam Bewegung in die Angelegenheit: Das Finanzgericht Münster äußerte ernsthafte Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Abschaffung der 1.250-Euro-Anerkennung und rief im Sommer 2009 das Bundesverfassungsgericht an (2 BvL 13/09), dessen Entscheidung noch aussteht.

Studierstube ist vorläufig anzuerkennen

Der Bundesfinanzhof entschied daraufhin am 25.8.2009, dass die Finanzämter bis zum Ausgang dieses Verfahrens die Kosten des Arbeitszimmers vorläufig anerkennen müssen (VI B 69/09). Darauf sollten sich Studierende berufen und die Kosten ihrer Studierstube steuerlich geltend machen.

Denn zum einen lässt sich die Situation von Lehrern durchaus auf Studierende übertragen. Zum anderen könnte auf berufstätige Studierende folgende Konstellation zutreffen: Das Arbeitszimmer ist unstrittig Mittelpunkt von Tätigkeit A, aber es gibt noch eine Tätigkeit B, für die das Zimmer nicht Mittelpunkt ist. Zählt das Arbeitszimmer dann ganz, teilweise oder gar nicht? Diese Argumentation beruht auf dem Fakt, dass das Arbeitszimmer problemlos anerkannt würde, wenn es lediglich Tätigkeit A gäbe. Warum aber sollte das Arbeitszimmer den Status des anerkannten Arbeitsmittels verlieren, wenn eine – womöglich nur gering entlohnte – Tätigkeit B hinzutritt, für die es nicht oder zumindest nicht in gleichem Umfang benötigt wird? Von den definitorischen Problemen, je nachdem ob das Studium als Beruf oder als private Sonderausgabe gilt, ganz zu schweigen.

Charakter eines separaten Zimmers ist unverzichtbar

Fein raus ist, wer dem Finanzamt beweisen kann, dass der geltend gemachte Raum nicht die Definition eines häuslichen Arbeitszimmers erfüllt, weil es am ersten oder zweiten Kriterium mangelt. Die Einschränkung gilt nämlich nur für Räume in der eigenen Wohnung, nicht an anderer Stelle im Mehrfamilienhaus, also z. B. auf dem Dachboden, im Keller oder bei der WG nebenan. Der BFH hat am 18.8.2005 (VI R 39/04) und am 10.6.2008 (VIII R 52/07) bei einem externen Arbeitszimmer im Mehrfamilienhaus zugunsten des Steuerpflichtigen entschieden. Und mit »Arbeits«zimmer ist ein büroähnlich eingerichteter Raum gemeint, wie der BFH in seinem Urteil VI R 15/07 vom 26.3.2009 erläuterte: »Räumlichkeiten, die ihrer Ausstattung und Funktion nach nicht einem Büro entsprechen, sind auch dann nicht dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers zuzuordnen, wenn sie ihrer Lage nach mit dem Wohnraum des Steuerpflichtigen verbunden und deswegen in dessen häusliche Sphäre eingebunden sind. Dies trifft u. a. auf als Lager, Werkstatt, Arztpraxis oder Ausstellungsraum genutzte Räume zu.« Diese Auffassung eröffnet gute Chancen für die vollständige Kostenanerkennung bei Ateliers, Dunkelkammern, Archiven und auch Bibliotheken.

Das dritte Kriterium, nämlich der Charakter eines separaten Zimmers, ist hingegen unverzichtbar für die steuerliche Anerkennung. Galerien, Durchgänge oder durch Raumteiler abgegrenzte Flächen sind ausgeschlossen. Das Arbeitszimmer darf auch kein häufig frequentierter Durchgangsraum, etwa zwischen Küche und Wohnzimmer sein. Bei einem nur durch das Arbeitszimmer erreichbaren Schlafzimmer drückt das Finanzamt ein Auge zu. Es wird unter Umständen einen Grundriss der Wohnung verlangen, um die Lage des Zimmers zu erkennen und um zu beurteilen, ob der Rest der Wohnung groß genug ist, um dort mit der angemeldeten Personenzahl leben zu können. Außerdem wird gerne eine Skizze des Arbeitszimmers samt Möblierung verlangt, um festzustellen, ob die private Mitbenutzung sich im erlaubten Rahmen hält (maximal 10 %). Ein nur zu Weihnachten benutztes Gästebett ist daher unschädlich, während ein an jedem Wochenende benutztes Klappsofa oder ein Kleiderschrank die Anerkennung verhindern. Wie Fernseher und/oder Stereoanlage im Arbeitszimmer zu beurteilen sind, hängt von den Umständen ab, also im Wesentlichen vom Studienfach bzw. dem ausgeübten Beruf und davon, ob dies womöglich die einzige Unterhaltungselektronik in der Wohnung ist.

Zu den absetzbaren Kosten für das Arbeits- bzw. Studierzimmer, das man sich übrigens mit mehreren Leuten teilen darf, gehören: Miete, Nebenkosten, Heizung, Strom, Wasser, Reinigung. Man errechnet einfach die Gesamtkosten der Wohnung und ermittelt über den Flächenanteil des Arbeitszimmers den auf dieses entfallenden Geldbetrag.

Keine Einschränkung für Schreibtisch und Papierkorb

Übrigens sind Möbel und andere für Studium und/oder Beruf genutzte Gegenstände nicht von der Einschränkung bei Arbeitszimmern betroffen, weil sie Arbeitsmittel sind. Das bedeutet: Schreibtisch, Stuhl, Lampe, Regal und Papierkorb können auch dann in der Steuererklärung geltend gemacht werden, wenn sie im Wohn-/Schlafzimmer oder im Flur stehen.

JOACHIM HOLSTEIN

Im nächsten Ratgeber: Studium und Sozialversicherung

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