BBI mit »Zentrifugalkräften«

Terminplan gerät aus den Fugen, bei der Bahn-Anbindung ist er es schon lange

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Terminprobleme des neuen Hauptstadtflughafens BBI haben die Politik kalt erwischt. Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) bekannte gestern im Ausschuss für Stadtentwicklung, zu dem Vorgang keine Einschätzung abgeben zu können, da dem Senat keine Informationen vorlägen. Bereits am Wochenende hatte die Senatskanzlei einräumen müssen, dass der Brief, in dem der Projektsteuerer CBP auf das mögliche Platzen des BBI-Eröffnungstermins 30. Oktober 2011 hinweist, dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) nicht bekannt sei. Und der ist immerhin Aufsichtsratsvorsitzender der Berliner Flughafengesellschaft.

BBI entwickle »Zentrifugalkräfte«, an allen Ecken gerate der Zeitplan aus den Fugen, kritisierte FDP-Verkehrsexperte Albert Weingartner. Im Stadtentwicklungsausschuss konnte gestern aber nur eine BBI-Verzögerung thematisiert werden: die beim Bahnanschluss. Bekanntlich wird die West-Anbindung über die Dresdner Bahn noch Jahre auf sich warten lassen, weil die Planfeststellung noch nicht abgeschlossen ist und Anwohner in Lichtenrade mit einer Klage drohen, falls die Bahn ihren Ortsteil nicht untertunnelt. Über die Trasse soll der Flughafenshuttle den Hauptbahnhof mit BBI verbinden. Die Oppositionsfraktionen forderten gestern, dass sich der Senat beim Bund für die Beschleunigung des Verfahrens einsetzt und auf die Tunnelvariante dringt. Die Mehrkosten dafür wollen die Grünen durch Umwidmung der Gelder für die Verlängerung der Stadtautobahn A 100 finanzieren.

Obwohl in der Sache im Prinzip einig, wurden die Anträge von der rot-roten Koalitions-Mehrheit abgelehnt. Der verkehrspolitische Sprecher der SPD, Christian Gaebler, nannte sie lächerlich und unglaubwürdig, weil nur zusammengefasst werde, was man in zehn Jahren schon alles versucht habe. Für Gaebler waren die Anträge nur »Show«, für seine LINKE-Kollegin Jutta Matuschek Aktionismus.

Die Tunnellösung sei die einzig sinnvolle Variante, stellt auch die Stadtentwicklungssenatorin fest. Der Senat habe immer dazu gestanden. Der Bahn und dem Bund gehe es aber schlicht ums Geld. Werde die Tunnelvariante gewählt, wäre dies ein Präzedenzfall für künftige Regelungen bei Ortsdurchfahrten. Selbst wenn es gelänge, den Bund davon zu überzeugen, so Matuschek, würde dies eine weitere Verzögerung für den Bahnanschluss bedeuten. Denn dann wäre ein neues Planfeststellungsverfahren nötig. Rainer Ueckert (CDU) rechnet mit einer Fertigstellung der Trasse kaum vor 2020.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal