Kneipe mit rechtsextremem Anschluss

»Henker« ist überregionaler Vernetzungspunkt / Parlamentarische Auskunft der Innenverwaltung

  • Marina Mai
  • Lesedauer: 3 Min.
Aufklärung über den rechten Treff
Aufklärung über den rechten Treff

Fensterglas ist durch Metallplatten ersetzt. Über dem Eingang sieht man noch pinkfarbene und grüne Farbspritzer von einem Angriff mit Farbbeuteln. Die Kneipe »Zum Henker« in Niederschöneweide, ein Treffpunkt der rechten Szene, hat sich verbarrikadiert. Auf einschlägigen Internetportalen kann man auch lesen, wem man Angriffe auf die Kneipe zuschreibt: »kriminellen Antifaschisten«, angestachelt durch »wochenlanges Kesseltreiben von Politik und Medien«.

Dass von dem Szenetreff selbst und von Rechten in der Brückenstraße und Umgebung sogar in erheblichem Maße Gewalt ausgeht, verschweigen rechte Internetportale gern. Die innenpolitische Sprecherin der LINKEN, Marion Seelig, hat die Landesregierung nach solchen Straftaten und politischen Aktivitäten gefragt und eine vier Seiten lange Antwort erhalten.

»Das Lokal ist Anlaufpunkt für Angehörige der rechtsextremen Netzwerke ›freie Kräfte‹ und ›Musik‹«, heißt es dort. Auch Akteure der inzwischen verbotenen Kameradschaft »Frontbann 24« hätten dort verkehrt, schreibt die Innenverwaltung. Die Kneipe diene als Ausgangspunkt für rechte Demonstrationen. Neben dem normalen Kneipenbetrieb listet die Innenverwaltung insgesamt neun rechtsextreme Veranstaltungen in der Kneipe auf. Darunter ist die Gründung einer Organisation mit dem merkwürdigen Namen »II. Deutsches Reich und Königreich Preußen« sowie eines Berliner Stützpunktes der bundesweit agierenden »Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene«.

Rechte Propagandadelikte und Verstöße gegen das Waffengesetz wurden in und um den Henker sehr zahlreich festgestellt. Die schwerste Straftat seit Bestehen des »Henker« in der Brückenstraße geschah am 30. Oktober 2009. Zwei Zuwanderer wurden etwa 150 Meter von der Kneipe entfernt beleidigt und körperlich attackiert. Einer der Männer wurde dabei mit einer Glasflasche derart heftig ins Gesicht geschlagen, dass er trotz Notoperation erblindete. Im August 2009 kam es der Innenverwaltung zufolge unter den Gästen des »Henker« zu einer gefährlichen Körperverletzung. Im September gab es eine gefährliche Körperverletzung bei Auseinandersetzungen zwischen Lokalgästen und Männern, denen der Zutritt zum Lokal verwehrt wurde. Im Dezember sollen Jugendliche in der Brückenstraße von Leuten verfolgt worden sein, die aus der Kneipe kamen. Auch hier kam es zu einer gefährlichen Körperverletzung. Die Verfahren sind noch nicht abgeschlossen. Anders als die rechte Szene selbst rechnen die Ermittler den Angriff auf den »Henker« mit Brandsätzen im letzten Oktober, bei dem ein Rechter lebensbedrohlich verletzt wurde, keinesfalls politisch linken Gruppen zu.

Marion Seelig sagt zur Antwort der Innenverwaltung: »Die Zusammenstellung zeigt, dass der Henker ein Nazitreff von bundesweiter Bedeutung ist und dass in und um ihn viele Straftaten begangen wurden, von denen wir bisher nichts wussten.« Sie fordert das Bezirksamt Treptow-Köpenick auf, gemeinsam mit der Innenverwaltung das weitere Vorgehen abzuwägen. Seelig: »Wegen der Vielzahl der Rechtsverstöße könnte ein Entzug der Schankerlaubnis durch das Bezirksamt angemessen sein. Aber die sehr detaillierte Antwort der Innenverwaltung hat auch gezeigt, dass sie die rechte Szene im ›Henker‹ sehr gut beobachten kann. Das ist möglicherweise für Ermittlungen besser, als würden die sich wieder in alle Winde zerstreuen.« Eine Antwort auf die Abwägung will Seelig nicht vorwegnehmen.

Das Bezirksamt Treptow-Köpenick will seit Monaten den »Henker« durch den Vermieter, eine Immobiliengesellschaft aus Erlangen, schließen lassen, ist aber damit noch nicht erfolgreich.

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