Wer zu früh jubelt

  • Oliver Händler
  • Lesedauer: 2 Min.

Ist schon komisch, wie sicher Deutschlands Fans, Spieler und Betreuer davon ausgehen, dass die deutsche Nationalelf heute Ghana schlägt und ins WM-Achtelfinale einzieht. Der 4:0-Sieg zum Auftakt gegen Australien hat eine Euphorie ausgelöst, die alle vorhergesagten – und später zum Teil eingetretenen – Befürchtungen wegwischte. Die Mannschaft ist immer noch jung. Einige Spieler sind extrem unerfahren, was sich am Beispiel Holger Badstuber im Spiel gegen Serbien gezeigt hat.

Warum soll das gegen Ghana alles nicht mehr zählen? Nur weil die afrikanischen Mannschaften in diesem Turnier nicht viel gerissen haben? Dabei hat Ghana aus den Spielen gegen Australien und Serbien einen Punkt mehr geholt als die Mannschaft von Joachim Löw. Warum ist Ghana dann nicht Favorit? Warum ist die Aussage von Kevin-Prince Boateng, dass seine Mannschaft gewinnen werde, Stichelei, die von Philipp Lahm, der hingegen vom deutschen Sieg überzeugt ist, aber ganz normal?

München ist gestern zur offziellen Kandidatenstadt für Olympia 2018 benannt worden und über 1000 Menschen haben das bejubelt, obwohl noch nichts gewonnen ist und kein Kontrahent ausgeschieden ist. So etwas Ähnliches habe ich mal in Leipzig erlebt, als die Stadt der deutsche Kandidat für die Spiele 2004 wurde. Als Leipzig schon eine Runde später rausflog, war die Enttäuschung riesig, und der anfängliche Jubel wich Schuldzuweisungen und Fehleranalysen, die besser zuvor angestellt worden wären.

Auch Löws Mannen genossen bereits viele Lorbeeren. Früher Jubel kann ganz unangenehm im Halse stecken bleiben.

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Oliver Händler (ND-Foto: Lange) ist Sportredakteur bei Neues Deutschland.

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