CDU fürchtet Kommunistenparadies

Landtagsfraktionschefin Saskia Ludwig mit 80 Prozent zur neuen Landesvorsitzenden gewählt

Sie sei überzeugt davon, die CDU könne stärkste Kraft in Brandenburg werden, sagt die neue CDU-Landesvorsitzende Saskia Ludwig und spricht von Regierungsmehrheiten jenseits der SPD. Gewählt wurde sie am Sonnabend von den Delegierten eines Parteitags im Potsdamer Dorint-Hotel. Ludwig erhielt 80 Prozent der Stimmen, wobei die CDU in die Berechnung nur die 141 Ja-Stimmen und die 36 Nein-Stimmen einbezieht. Die zwei Enthaltungen bleiben außen vor. Die einstige Justizministerin Barbara Richstein, die mit dem Gedanken gespielt hatte, gegen Ludwig anzutreten, verzichtete bereits im Vorfeld des Parteitags. Zum stellvertretenden Landesvorsitzenden wurde mit 91 Prozent der Rüdersdorfer Bürgermeister André Schaller gewählt.

Die 42-jährige Ludwig blieb mit ihrem Ergebnis knapp unter dem Zustimmungswert ihrer Amtsvorgängerin Johanna Wanka, die im November vergangenen Jahres 82 Prozent bekommen hatte. Die Neuwahl bereits nach sieben Monaten statt erst nach zwei Jahren wurde notwendig, weil Wanka als Wissenschaftsministerin nach Niedersachsen wechselte. Zum Abschied bekam Wanka am Sonnabend Keramik aus den Werkstätten von Hedwig Bollhagen geschenkt. Das Amt der Landtagsfraktionsvorsitzenden hatte Wanka bereits früher an Ludwig abgetreten.

Vor der Abstimmung hatte Ludwig ihren künftigen Kurs klar umrissen und angedeutet, dass sie das Kreuz bei ihr auch als Zustimmung dazu werten werde. Man müsse aufhören, sich von linken Ideologen vorschreiben zu lassen, was sozial sei. Für die Linke – und da schloss sie die SPD mit ein – gehe es nur um Umverteilung. Ludwig behauptete, die »SED-Nachfolgepartei« habe sich ausgedacht, dass jeder, der Steuern zahle, reich sei – die Postfrau, der Schaffner und der Bauarbeiter ebenso wie Assistenzärzte, Journalisten und Lehrer, und der Mittelstand sowieso. Die sollten noch weiter geschröpft werden. Da müsse die CDU ein Stoppzeichen setzen und jeglichen Steuererhöhungen eine Absage erteilen. Leistungsbereitschaft dürfe nicht überstrapaziert werden. Die LINKE jedoch propagiere permanent und unverhohlen ihr »kommunistisches Paradies«, in dem es allen gleich gehe, nämlich gleich schlecht. Da genüge ein Blick 20 Jahre zurück, »wo auch hier in Potsdam die Fassaden grau und kaputt waren«. »Die Gleichmacherei ist der Beginn der Unfreiheit.«

Rot-Rot stehe für staatliche Gängelung der Bürger und der Wirtschaft und für weniger Sicherheit im Land, meinte der Berliner CDU-Landesvorsitzende Frank Henkel. Er kenne dies aus den vergangenen neun Jahren rot-roter Senat und dies drohe nun auch in Brandenburg. Gottes Segen wünschte Henkel und dass Rot-Rot in Brandenburg nur eine kurze Episode sein werde.

Neun Jahre sollten es nicht werden, findet Ludwig. Wie aber wäre ein Regierungswechsel zu bewerkstelligen, bei dem die SPD rausfliegt aus der Verantwortung? Wie soll das funktionieren? Von den traumhaften Bedingungen der niedersächsischen CDU mit ihren 42 Prozent, von denen die scheidende Wanka schwärmte, sind die Christdemokraten in Brandenburg schließlich weit entfernt. Bei der Landtagswahl 2009 kamen sie erneut nicht über ein Ergebnis von knapp 20 Prozent hinaus.

Generalsekretär Dieter Dombrowski bemerkte, dass sich in einer Demokratie nun einmal Mehrheiten ändern und der Führungsanspruch der SPD kein Naturgesetz sei. Die Landratswahlen am Jahresanfang, bei denen sich einige CDU-Bewerber durchsetzen konnten, haben Dombrowski zufolge schon einmal gezeigt, dass Brandenburg der SPD nicht gehöre. Außerdem verwies der Generalsekretär auf das alten Westberlin am Ende der 70er Jahre. Da habe auch niemand geglaubt, dass es mit Eberhard Diepgen schon bald einen konservativen Regierenden Bürgermeister geben werde.

Die Möglichkeit einer Jamaika-Koalition mit FDP und Grünen schloss Dombrowski nicht aus, trotz der Differenzen mit den Grünen wegen der klimaschädlichen Verstromung der Braunkohle. Das Thema könne sich bis 2014 auch erübrigen. Falls sich zum Beispiel die CCS-Technologie zur Abscheidung und unterirdischen Lagerung des CO2 als nicht realisierbar herausstelle, wäre dieser Streitpunkt erledigt. Eine weitere Kohleverstromung ohne CCS sei ja wegen der Emissionen nicht denkbar.

Die Träume von künftigen Erfolgen der CDU haben immerhin in einer Hinsicht eine reale Basis. Der Landesverband arbeitet sich aus seinen Schulden heraus. Lange stand er notorisch in der Kreide. Jetzt kann Schatzmeister Christian Ehler einen ausgeglichenen Haushalt 2010 vorlegen. 812 000 Euro Ausgaben stehen 812 000 Euro Einnahmen gegenüber, sagte Ehler. In den kommenden zwei Jahren will er sämtliche Schulden abtragen und damit beginnen, Rücklagen für kommende Wahlkämpfe zu bilden.

Strikte Sparsamkeit möchten die Konservativen auch dem Land Brandenburg verordnen. Sie unterstreichen das mit einer Schuldenuhr, die derzeit 20 Milliarden Euro anzeigt. 2020 würden es 24 Milliarden sein, wenn nicht gegengelenkt werde, hieß es. Dabei ist jedoch zu bedenken: Als die CDU 1999 in die Landesregierung eintrat, war der Schuldenberg kleiner als zehn Jahre später, als sich Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) für eine rot-rote Koalition entschied und Helmuth Markov als ersten Sozialisten in der Bundesrepublik zum Finanzminister ernannte. Kommentar Seite 4

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