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»Dr. Motte«

Friede, Freude Eierkuchen

  • Lesedauer: 3 Min.

(dpa). Er ist der Erfinder der Love Parade und ein musikalischer Pazifist. Dr. Motte, mit bürgerlichem Namen Matthias Roeingh, feiert am Freitag (9.7.) seinen 50. Geburtstag – und noch immer steht der DJ in den Clubs am Plattenspieler. Frei nach dem Motto: Für Techno ist man nie zu alt.

Allerdings sagt er auch: »Privat bin ich froh, wenn mal Ruhe ist. Musik im Radio nervt und macht kulturell unkreativ und passiv! Privat singe ich sehr viel mit meiner Süßen«, so Dr. Motte im Gespräch. Seinen Geburtstag feiert er an einem geheimen Ort in Berlin – »mit meinen allerliebsten Freunden im kleinen Rahmen.«

»Friede, Freude, Eierkuchen« gab Dr. Motte als Losung für die allererste Love Parade aus. Als politische Demonstration angemeldet, tuckern 1989 drei kleine Wagen über den Berliner Kurfürstendamm. 150 Fans elektronischer Musik tanzen im Nieselregen.

Zehn Jahre später ist der Kudamm längst zu klein geworden. Im Tiergarten feiern bis zu 1,5 Millionen Raver aus aller Welt. Love- Parade-Attribute wie Trillerpfeifen, Sonnenblumen und Bauarbeiter-Westen werden genauso Exportschlager wie Techno von deutschen DJs wie Dr. Motte, Westbam, Paul van Dyk, Marusha und Sven Väth.

Dr. Motte war der Guru der Raver. Seine Vision von einer friedlichen Weltrevolution durch seine Tanzgemeinde brachte er in seinen jährlichen, immer leicht kruden Ansprachen ans Partyvolk. Die Techno-Umzüge standen unter dem Motto »Peace on Earth« oder »One World One Future«.

»Meine Vision war es, meine Ziele positiv zu formulieren. Frieden stand für Abrüstung, Freude für die Musik als neues Medium der Verständigung und Eierkuchen für die gerechte Nahrungsmittelverteilung auf der Welt«, erklärt der DJ die Anfänge der Love Parade.

Heute tritt Dr. Motte bei Demonstrationen der Gegner der Bebauung des Berliner Spreeufers auf. Auf seiner Website weist der gebürtige Berliner auf Initiativen für mehr Basisdemokratie und erneuerbare Energie hin und ruft zu Spenden für Erdbebenopfer auf. Er wolle sich am Aufbau einer Berliner Bürgerlobby beteiligen, »um zum Beispiel an Entscheidungen, wie in der Stadt Steuergelder ausgegeben werden, und einer am Menschen orientierten Politik mitzuwirken«, sagt der gelernte Betonbauer.

Weil die Love Parade seiner Ansicht nach zur »Dauerwerbesendung« verkam, zog sich Dr. Motte 2006 aus dem Organisationsteam zurück. Der Name Love Parade wurde verkauft. Der Geschäftsführer einer Fitnessstudio-Kette veranstaltet seither den Riesen-Rave. Die Techno- Parade zog von Berlin ins Ruhrgebiet.

Im vergangenen Jahr war das Massenspektakel ausgefallen, weil die Stadt Bochum kein geeignetes Gelände fand. Am 24. Juli erwartet nun Duisburg mehr als eine Million Technofans auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs. Dr. Motte wird nicht dabei sein – aber im Nachfolger des Ur-Clubs des Techno, dem Berliner Tresor, legen heute bei »Under Age-Partys« sogar Kinder auf. Der DJ- Nachwuchs scheint also gesichert.

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