Von der Wache zum Mobilbüro

Polizeireform will Einsatzkräfte reduzieren / Kritik von der Gewerkschaft

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 2 Min.

Die bevorstehende Polizeireform will für Brandenburg weniger Polizisten. Und sie will vor allem mobile Polizisten. Gestern stellte Innenminister Rainer Speer (SPD) die entsprechenden Empfehlungen einer Reformkommission vor, die er zu seinen eigenen Plänen ernannte. Demnach soll es bis 2020 nur noch 7000 Polizisten in Brandenburg geben, das wären fast 2000 weniger als heute. Doch will Speer weder das Sicherheitsgefühl der Menschen beeinträchtigen, noch die »Interventionszeit« verlängern, d.h. die Zeitspanne bis zum Auftauchen der Polizei am Tatort. Das bedeute, er werde vor allem Führungspersonal und Wachpersonal zugunsten von Streifen- und Revierpolizisten abbauen. Von den beiden heutigen Polizeipräsidien will Speer eines erhalten. Obwohl er keinen Standort nannte, wird davon ausgegangen, dass Potsdam dieses Rennen machen wird und nicht Frankfurt (Oder).

In der Landeshauptstadt will Speer weiterhin das Landeskriminalamt (bisher in Eberswalde) und die Landeseinsatzeinheit (LESE) konzentrieren. Erneut wird damit ein Schritt auf die weitere Konzentration der Behörden in Potsdam getan. Das nach der Wende entwickelte Konzept von der »dezentralen Konzentration«, das eine relativ gleichmäßige Behördenverteilung über das ganze Land vorsah, wird so einmal mehr korrigiert.

Die bislang 15 Schutzbereiche werden zu vier Polizeidirektionen zusammengefasst. Die sollen ihrem Zuschnitt nach den Einzugsbereichen der Gerichtsbezirke und Staatsanwaltschaften entsprechen. Pro Kreis wird es nach Reformabschluss nur noch eine Wache – also insgesamt 15 – geben. An dieser Stelle lässt der Minister noch mit sich reden und gesteht zu, dass besondere Kriminalitätsschwerpunkte – er nannte den Oderraum – eventuell noch Extra-Wachen bekommen. Ansonsten werde die Polizei noch über »Posten« verfügen, in denen sie ihre Waffen lagert und wo sie ihre Autos abstellt. Doch mit den herkömmlichen Wachen haben diese Posten nichts mehr zu tun.

Mehrfach betonte Speer, die Polizei werde trotz Wachenreduzierung nicht später als die bislang gemessenen durchschnittlichen 22 Minuten nach Notruf am Tatort sein. Dazu habe er das »Mobile Büro« entwickelt, einen Multifunktions-Streifenwagen, besetzt von Streifenpolizisten in bisheriger Zahl. Obsolet werde damit der Dienst rund um die Uhr in den Wachen, der viele Kräfte gebunden habe. Diese mobilen Streifenwagen seien neben den Büros der Revierpolizisten der Ort, wo Bürger künftig Anzeigen vornehmen können. Das Verhältnis von einem Polizisten auf 1500 Bürger bleibe aber bestehen.

Mit dem Umsetzen der Reform will der Minister Anfang des Jahres 2011 »von oben« beginnen. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisierte die Pläne scharf. Die geplante Streichung von 1900 Stellen in den nächsten zehn Jahren sei eine falsche Entscheidung, hieß es in einer Mitteilung vom Mittwoch. Dies ausgleichen zu wollen, sei »Traumtänzerei«.

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