Waldbrände zerstören ganze Dörfer

Die historische Hitzewelle verwandelt Russland vielerorts in ein Flammenmeer

  • Christian Weisflog, Moskau
  • Lesedauer: 2 Min.
In Zentralrussland brennen derzeit Tausende Hektar Wald. Zahlreiche Häuser und ganze Dörfer liegen bereits in Schutt und Asche. 21 Menschen starben bislang in den Flammen. Ein Ende der Hitzeperiode ist nicht in Sicht.

Die Hitze hat mit Russland kein Erbarmen. Am Donnerstag kletterte das Thermometer in Moskau auf über 38 Grad. So hoch wie noch nie seit Beginn der Messungen vor 130 Jahren. Rund 400 Kilometer weiter östlich, in Nischnij Nowgorod, waren es gar 40 Grad. Die von Hitze und Wind angefachten Waldbrände weiteten sich rasant aus und griffen bald auf bewohnte Gebiete über. Die 341 Häuser im Dorf Werchnaja Wereja brannten allesamt gänzlich aus. Mindestens fünf weitere Dörfer und eine Kleinstadt sind von den Flammen bedroht.

Besonders ernst ist die Lage auch in Woronesch, 500 Kilometer südlich von Moskau. Die gleichnamige Gebietshauptstadt ist vom Feuer praktisch umzingelt. Allein in der Region Woronesch brennt der Wald auf über 3000 Hektar Fläche. Auch im Moskauer Gebiet zerstörten die Flammen in den vergangenen zwei Tagen über 60 Häuser, sieben Menschen starben.

Die Einwohner der russischen Hauptstadt selbst leiden nicht nur unter der seit vier Wochen anhaltenden Hitze, sondern auch unter dem Rauch der umliegenden Wald- und Torfbrände. Je nach Windrichtung legt sich dichter Smog und beißender Brandgeruch über die Innenstadt.

Angesichts der kritischen Lage setzten sich die führenden Politiker als Krisenmanager in Szene. Präsident Dmitri Medwedjew telefonierte mit seinen Gouverneuren. Die Regierung wies er an, Sofortmaßnahmen zur Feuerbekämpfung und Entschädigung der Opfer zu ergreifen.

Als größter Retter in der Not inszenierte sich jedoch abermals Premierminister Wladimir Putin. Er reiste mit dem Katastrophenschutzminister Sergej Schojgu in das abgebrannte Werchnaja Wereja. Umringt von den verzweifelten Einwohnern erklärte Putin: »Euer Dorf wird wieder aufgebaut.« »Versprechen Sie uns das?«, fragten die aufgebrachten Frauen. »Bis zum Winter werden alle Häuser stehen«, antwortete der Premierminister.

Doch auch wenn Russlands starker Mann seine Muskeln spielen lässt, ein schnelles Ende der Waldbrände ist nicht in Sicht. Im Internet veröffentlichte Amateuraufnahmen zeigen, wie sich in der Region Nischnij Nowgorod am rotglühenden Horizont eine breite Feuerwand auf die Kleinstadt Wyksa zubewegt. Auch im Moskauer Umland wurde gestern in mehreren Bezirken der Notstand ausgerufen.

Die Hitzewelle wird Russland teuer zu stehen kommen. Langfristige Folgen hat die Trockenheit vor allem für die Landwirtschaft. Der russische Getreideexport geht in diesem Jahr mindestens um 50 Prozent zurück. Die Hitze beeinträchtigt womöglich auch die nächste Wintersaat. Denn die Böden sind mancherorts bis zu einem Meter tief ausgetrocknet.

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