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Ein Kino in der Stasi-Gedenkstätte

Umbau in der einstigen Haftanstalt in Hohenschönhausen / Bund und Senat zahlen 16,2 Millionen Euro

Ob es sich mal kurz in eine Zelle sperren lassen dürfe, fragt ein Mädchen. 314 000 Besucher zählte die Stasi-Gedenkstätte in Berlin-Hohenschönhausen im vergangenen Jahr. 81 Prozent der Gruppen reisen aus Westdeutschland an. Vor allem Schulklassen strömen in die ehemalige Untersuchungshaftanstalt des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit. Die Gedenkstätte vermag den Ansturm besonders im Frühjahr und im Herbst kaum zu bewältigen. Für den September sei man ausgebucht, verrät Direktor Hubertus Knabe. 40 000 Besucher sind für den Monat angemeldet. Mehr sei derzeit nicht möglich.

Man benötige nicht mehr 120 Verhörräume und 160 Zellen, sondern Seminarräume und Toiletten, erklärt Knabe am Donnerstag, als er über die Pläne für den Um- und Ausbau der Gedenkstätte informiert. Entstehen sollen außerdem drei neue Seminar- und Veranstaltungsräume, ein Kino, ein Foyer, ein Café und ein Museumsladen. Informationen über das Personal der Haftanstalt soll es künftig im früheren Zimmer des Anstaltsleiters geben.

Die Pläne sehen zudem vor, im einstigen Materiallager auf 700 Quadratmetern eine Dauerausstellung unterzubringen, damit es eine Ausweichvariante für Leute gibt, die spontan vorbeikommen. Früher befanden sich in dem Lager zum Beispiel Geschirr und Häftlingskleidung, darunter »Berge von Büstenhaltern«, wie Knabe sagt. Mittlerweile stapeln sich hier alte Stühle und Schränke. Dazwischen lehnt ein rotes Brett, das offensichtlich einst als Wandzeitung der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft (DSF) diente. Auf dem Brett pappen Aufkleber mit dem DDR-Emblem oder dem DSF-Symbol. Ein Aufkleber wirbt für die ND-Leserwanderung.

In die Trakte mit den Zellen und Vernehmungszimmern werden Besucher auch künftig nur bei Führungen dürfen. Andernfalls drohten Verunstaltungen. Man würde dort nach kurzer Zeit Grafittischmierereien an den Wänden haben, warnt Architekt HG Merz. Sein Büro entwickelte eine Variante, bei der die historische Bausubstanz kaum angetastet und gleichzeitig das äußere Erscheinungsbild der Anlage nicht verändert wird. Dieses Kunststück gelingt durch die Unterbringung der neuen Räumlichkeiten im Materiallager und in Garagenkomplexen, die historisch kaum von Belang seien, wie der Architekt erläutert. Die Bauarbeiten sollen im April 2011 beginnen und 14 Monate dauern. Die Eröffnung der Dauerausstellung ist für den November 2012 geplant. Der Bund und das Land Berlin finanzieren diese Vorhaben mit jeweils 8,1 Millionen Euro. Noch ist die Gedenkstätte nicht behindertengerecht. Aber es sollen nun Fahrstühle eingebaut werden.

Damit sind die Investitionen keineswegs abgeschlossen. Für spätere Bauabschnitte plant der Senat weitere 8,75 Millionen ein, und er verhandelt mit dem Bund, damit dieser sich wieder beteiligt.

15 Millionen Euro seien bislang schon in die Gedenkstätte geflossen, davon 2,5 Millionen vom Bund, berichtet Kulturstaatssekretär André Schmitz. Er bezeichnet die Gedenkstätte Hohenschönhausen als einen der wichtigsten DDR- Erinnerungsorte und dankt Knabe für die »erfolgreiche Arbeit gegen das Vergessen«. Den Erfolg macht Schmitz an den gestiegenen Besucherzahlen fest.

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