Europas Eishockey experimentiert

Spitzenklubs suchen nach Ersatz für die gescheiterte Champions League

Spielt mit den Eisbären heute in Crimmitschau: Florian Busch
Spielt mit den Eisbären heute in Crimmitschau: Florian Busch

»Erst mal wird in diesem Jahr so gespielt, danach muss man sehen, was daraus wird«, ist der Manager der Berliner Eisbären, Peter John Lee, zurückhaltend, wenn er auf die neue European Trophy zu sprechen kommt. Mit dem vor einer Woche gestarteten Wettbewerb mit 18 Teams aus sieben Ländern, darunter die deutschen Vertreter Eisbären Berlin und Adler Mannheim, wurde ein Experiment eingeleitet, das mehr sein soll als Sommereishockey, das Ersatz sein soll für die nur eine Saison überdauernde, finanziell gescheiterte Champions Hockey League.

Dass letztere alsbald eine Neuauflage erlebt, halten Experten für eher unwahrscheinlich. Zwar will der Eishockey-Weltverband IIHF den Wettbewerb wiederbeleben, aber hinter den Kulissen tobt nach wie vor ein erbitterter Streit der damals beteiligten europäischen Spitzenteams mit der IIHF, weil die Vereine noch immer auf Prämiengelder und Entschädigungszahlungen warten. Zudem wurde die Laufzeitgarantie von mindestens drei Jahren nicht eingehalten, da die finanziellen Schwierigkeiten schneller eintraten als gedacht.

Um nun ein halbwegs lukratives Turnier für Europas Spitzenteams auf die Beine zu stellen, wurde ein neues Kind geboren: die European Trophy. Bemerkenswerter Weise völlig an der IIHF vorbei. »Wir sind überzeugt, dass wir den Teams und Fans ein wirklich gutes Produkt anbieten«, verspricht Turnierdirektor Bob Lennartsson, wohl wissend, dass unter den 18 Teilnehmern ausgerechnet Russlands starke Mannschaften fehlen. Die Erfinder der European Trophy setzen darauf, dass sie mit dem neuen Wettbewerb die seit Jahren existierende Nordic Trophy ausbauen können: Derzeit nehmen allein zwölf Teams aus Norwegen, Schweden und Finnland teil.

Das Experiment hat natürlich auch seinen Preis. So musste jeder Klub 25 000 Euro Antrittsgeld zahlen. Nach dem Finalturnier Anfang September in Salzburg, an dem jeweils die ersten vier Mannschaften der zwei Gruppen teilnehmen, hoffen die Organisatoren, wenigstens den Besten aus den TV-Geldern ein kleines Preisgeld auszahlen zu können.

»Wichtig ist«, sagt Eisbären-Manager Lee, »dass wir in der Phase der Saisonvorbereitung ein attraktives Turnier haben.« Mit gebotener Zurückhaltung fügt er aber hinzu: »Wir wollen Schritt für Schritt die European Trophy ausbauen. Es könnte durchaus mehr daraus werden.« Also kein Experiment von kurzer Dauer, sondern mehr? »Erfahrungsgemäß ist das Interesse an europäischen Vergleichen groß«, erwidert Lee, »aber man muss abwarten, wie sich die Dinge weiter gestalten.«

Folgt man Gerüchten, könnte das alles nur ein Vorspiel für eine europäische Eliteliga sein. Vor allem die schwedischen Klubs denken über einen Ausstieg aus der heimischen Liga nach. So könnte die European Trophy durchaus ein Prüfstein sein, um über kurz oder lang eine länderübergreifende Liga in Europa zu etablieren.

Die Eisbären, deren Ziel die Finalrunde in Salzburg ist, spielen in der sogenannten Capital Division. Bisher verloren sie auswärts gegen IFK Helsinki (2:3) und Jokerit Helsinki (2:7) und siegten bei Välerenga IF Oslo (5:1).

Nächste Spiele: Linköpings HC (heute in Crimmitschau), Färjestads BK Karlstad (20.8. in Berlin), Djugardens IF Stockholm (21.8. in Berlin), Sparta Prag (27.8. in Dresden) und Adler Mannheim (28.8. in Heidelberg).

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