Feuer, Fehlalarm und neue Autos

Landesbranddirektor zog Bilanz für 2008/2009

  • Rainer Funke
  • Lesedauer: 4 Min.

Beinahe 655 000 Einsätze der Feuerwehr wurden in den Jahren 2008/2009 in Berlin registriert. Dabei rückte die Wehr gut 14 600 Mal wegen Bränden aus, fast 509 400 Mal zu Rettungseinsätzen und knapp 40 500 Mal, um bei bedrohlichen Situationen zu helfen, weitere wegen technischer Defekte – Tendenz in etwa gleichbleibend. 1220 Bürger konnten aus brennenden Gebäuden gerettet und in Sicherheit gebracht werden. Es gab dabei 238 Verletzte. 54 Menschen konnten nach Bränden nur noch tot geborgen werden, erlagen ihren Verletzungen oder starben an Rauchvergiftung. 17 Feuerwehrleute wurden bei Einsätzen verletzt.

Über die Feuerwehrbilanz der beiden Vorjahre informierte gestern Landesbranddirektor Wilfried Gräfling den Innenausschuss des Abgeordnetenhauses. Rasant angestiegen sei die Zahl der Fehlalarme bei Bränden – nämlich um reichlich 16 000 auf 53 400. Eine schlüssige Erklärung dafür hatte man nicht. Die allermeisten Falschmeldungen an die Einsatzzentrale, so Gräfling, geschehen allerdings in gutem Glauben, es sei tatsächlich etwas passiert. 72 000 Fehlalarmierungen gab es für den Rettungsdienst.

Nach wie vor können die mit dem Senat verabredeten Fristen bis zum Eintreffen der Einsatzfahrzeuge am Brand- oder Notfallort nicht immer erreicht werden. Was meint, dass nach Feueralarm zu 90 Prozent 14 Kräfte innerhalb von 15 Minuten am genau definierten näheren Zielpunkt ankommen müssen, vor allem an solchen vorwiegend am Stadtrand zu 50 Prozent. Diese Quoten werden jedoch im Schnitt nur zu 92 bzw. 79 Prozent erreicht. Bei der Rettung in Notfällen sieht das ein wenig anders aus. Hier heißt es, dass sich »ein geeignetes Einsatzmittel« innerhalb von acht Minuten nach Notruf in 75 Prozent der Fälle am Orte befinden muss, im weiteren Umkreis in 50 Prozent. Hier liegt die Quote bei 67 Prozent bzw. knapp 47 Prozent.

Der Landesbranddirektor versicherte, dass ständig an Strukturen und Organisationsabläufen gearbeitet werde, um die Anfahrtzeiten weiter zu verringern. In der Tendenz geschehe dies bereits, allerdings im wesentlichen auch nur deshalb, weil man zusätzlich elf Fahrzeuge für private Dienste bereitgestellt habe. Und die Bundeswehr beteilige sich mit drei Fahrzeugen an den Rettungsdiensten in Berlin – als Übungsszenario für ihre Auslandseinsätze, wie es hieß. Man pendele zwischen Bedarf und Machbarkeit, sagte Gräfling.

Im Berichtszeitraum kostete die Bürger ihre Feuerwehr knapp 329 Millionen Euro. Durch das Konjunkturpaket II konnte sie ihren längst überalterten Fuhr- und Technikpark ausgiebig erneuern. Laut Gräfling wurden 20 Löschfahrzeuge, 10 Drehleitern, 19 Rettungswagen, ein Kran, drei Notarztwagen sowie weitere Spezialfahrzeuge und dazu gehöriges Gerät angeschafft.

Vorsichtige Nachfragen von Abgeordneten, ob die tragischen Geschehnisse auf der jüngsten Love-Parade in Duisburg auch in der Hauptstadt möglich seien, etwa beim anstehenden Berlin-Marathon, verneinte Gräfling. Nirgendwo gebe es bei dieser Veranstaltung auch nur annähernd eine derartige Konzentration von Menschen, wie sie in Duisburg zustande gekommen war. Gefahren entstünden vornehmlich bei Läufern mit Vorerkrankungen – für solche und andere Fälle sei an der Strecke reichlich vorgesorgt.

Innensenator Ehrhart Körting (SPD) meinte, derartige Ereignisse würden mit über lange Jahre entwickelten Konzepten begleitet, die das Zusammenspiel sämtlicher Beteiligter regelt. Dadurch sei es gelungen, entsprechende Risiken zu minimieren, auszuschließen seien sie aber trotz aller Erfahrungen freilich nicht. Derzeit, so Gräfling, werden 130 Feuerwehrleute neu eingestellt, weitere 65 im März nächsten Jahres. Dafür lägen 1800 Bewerbungen vor.

  • Die Zahl der Einsätze in den Neujahrsnächten ist um fünf Prozent gesunken. An gleichem Datum brannte es um 11 Prozent weniger. Der Landesbranddirektor führt dies zuerst auf verstärkte Prävention der Wehr zurück.
  • 364 Unfälle mit Feuerwehr-Fahrzeugen im Blaulichteinsatz wurden in den zurückliegenden beiden Jahren aufgenommen, 100 bei Fahrten ohne Sonderrechte.
  • 31 Bürger wurden vor dem Ertrinken gerettet, 2000 Mal Erste Hilfe an Flüssen und Seen, mehr als 900 Mal technische Hilfe geleistet, 800 Mal Boote abgeschleppt, fast 220 Mal sich an der Suche nach Personen beteiligt.
  • Die Berufsfeuerwehr wird von 58 Freiwilligen Wehren mit 1420 Frauen/Männern sowie 6 Werks-/Betriebsfeuerwehren unterstützt.


Quelle: RFU

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