Werbung

Wind unter zerzausten Flügeln

Sachsen-Anhalts Grüne wollen 2011 zurück ins Parlament. Bislang waren sie oft zerstritten

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Grünen in Sachsen-Anhalt legen morgen fest, wer sie im Landtag vertreten soll, falls im März der Wiedereinzug gelingt. Die Chancen stehen gut, woran die Landespartei aber eher geringen Anteil hat.

Wer die Liste der Bewerbungen für die Landesliste anschaut, die Sachsen-Anhalts Grüne morgen in Halle aufstellen wollen, kann an einen Ostfriesenwitz denken. Warum, so lautet der, sind Busse in Ostfriesland sehr breit, aber ganz kurz? Die Antwort lautet: Weil alle vorn sitzen wollen.

Ähnlich ist es bei den Öko-Aktivisten: Wer im Land einen Namen hat, drängt auf die Liste. Vom Vorstand hält sich nur der Schatzmeister zurück. Und ein Ex-Landeschef, der im Juni überraschend aus dem Amt gekegelt wurde, strebt nicht nur umgehend dahin zurück; er möchte zudem auf Platz 2 der Liste gesetzt werden. In beiden Fällen gibt es Kampfkandidaturen. Der Konvent in der Händelhalle verspricht also eine an Kontroversen nicht eben arme Veranstaltung zu werden. Dabei müssten die Grünen bestrebt sein, ein geschlossenes Bild abzugeben; für den 500 Mitglieder zählenden Verband bestehen schließlich Aussichten, nach drei Wahlpleiten wieder in den Landtag zurückzukehren.

Völlig heterogen

Bundesweit befindet sich die Partei im Höhenflug. Der Aufwind kommt auch in Sachsen-Anhalt an. Er vermag die Landespartei aber nur mit Mühe zu beflügeln: Bei sieben Prozent rangiert sie ein halbes Jahr vor der Abstimmung in Umfragen. Das mag daran liegen, dass die klassische grüne Wählerklientel nur in Magdeburg und Halle sowie mit Abstrichen in Dessau anzutreffen ist. Und dass es einer Partei, die zwar ab 1994 vier Jahre an der Regierung beteiligt war, dann aber aus dem Landtag flog, schwer fällt, Gehör zu finden. Grund ist aber auch, dass die Flügel, unter die der Aufwind fahren könnte, zerzaust sind. Für Schlagzeilen sorgen nicht grüne Positionen zu Braunkohle oder Saale-Ausbau, sondern Personalquerelen.

Zuletzt war das im Juni der Fall, als zwar Claudia Dalbert als Landeschefin bestätigt, ihr Co-Vorsitzender Christoph Erdmenger aber ohne Ankündigung abgesägt wurde. Der 40-jährige Erdmenger, wie Dalbert im Westen politisiert, hat es – wie acht weitere Landeschefs, die Sachsen-Anhalts Grüne seit 1994 hatten – nicht geschafft, die Partei zu einen. Die sei eine »völlig heterogene Sammlung« von DDR-Öko-Aktivisten, Bürgerbewegten, Karrieristen »und vor allem aus Hallensern und Magdeburgern«, schreibt die »Mitteldeutsche Zeitung«.

Erdmenger sieht Gründe für seine Ablösung darin, dass er zu wenig »Interessenausgleich« betrieben und »nicht ausreichend zugehört« habe. Das will er ändern – und bewirbt sich mit dieser Ankündigung prompt erneut um den Vorsitz. Zudem möchte er auf Listenplatz 2 hinter Dalbert gesetzt werden. Ein Argument neben seinem Fachwissen ist, dass er ein »bekanntes Gesicht« der Partei sei – eines von wenigen im Land.

Noch ein Bewerber

Ob das Argument zieht und die 62 Delegierten die Abwahl vom Juni korrigieren, ist offen, zumal es Gegenbewerber gibt. Auch Frank Leeb tritt an, ein Agrarexperte, der im Büro der grünen Ex-Umweltministerin Heidrun Heidecke arbeitete. Er wolle Entscheidungen im Dialog, nicht im Monolog treffen, erklärt er; zudem solle die Partei von jemandem geführt werden, der nicht in den Landtag strebt.

Auf der Liste wird Erdmenger der Platz durch Ulrich-Karl Engel streitig gemacht, einst Vizechef der früheren Landtagsfraktion. Er wäre der einzige Listenbewerber mit Erfahrung im Parlament.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal