Regierung geizt bei Hartz IV

Schwarz-Gelb missachtet die Forderungen von Sozialverbänden und will Regelsatz um weniger als 20 Euro erhöhen

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 2 Min.
Neue Hiobsbotschaft für Hartz-IV-Betroffene: Wie am Freitag bekannt wurde, soll die Regelsatz-Erhöhung weniger als 20 Euro betragen. Damit bliebe die Regierung weit unter den Forderungen von Opposition und Sozialverbänden.
Für Bier soll es bald kein Geld mehr geben.
Für Bier soll es bald kein Geld mehr geben.

Bislang wurde die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Neuberechnung der Regelsätze wie ein Staatsgeheimnis behandelt. Obwohl die Sätze bereits ab 1. Januar 2011 auf transparenter Grundlage berechnet werden müssen, schwieg sich das zuständige Bundesarbeitsministerium bislang über die Höhe der Summe aus. Am Freitag wurde klar, warum: Offenbar soll der Regelsatz weit weniger steigen, als von Opposition und Sozialverbänden gefordert. Nach Informationen der Deutschen Presseagentur (dpa) haben sich Kanzleramt und unionsgeführte Länder darauf geeinigt, dass die Erhöhung weniger als 20 Euro betragen soll. Demnach fallen die Kosten für Alkohol und Tabak aus der Berechnung. Ausgehend vom derzeitigen Satz von 359 Euro für einen Erwachsenen, bliebe die Regierung weit unter der 400 Euro-Marke.

Dabei hatte der Chef des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, noch am Freitag in der »Leipziger Volkszeitung« betont, dass alles unter 400 Euro »mindestens erstaunlich, wenn nicht kleingerechnet« wäre.

Bereits in den vergangenen Tagen hatten sich die Anzeichen verdichtet, dass die Regelsätze weit hinter dem zurückbleiben werden, was Sozialverbände für bedarfsdeckend halten. Führende Haushaltsexperten der Union hatten sich dagegen ausgesprochen, mehr Geld für Hartz-IV-Bezieher zur Verfügung zu stellen. So drohte der haushaltspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Norbert Barthle (CDU), in einem Interview für die »Berliner Zeitung«: »Führt die Neuberechnung von Regelsätzen zu Mehrausgaben, dann müssen diese durch Einsparungen an anderer Stelle im Etat des Arbeitsressorts gegenfinanziert werden« .

Regierungssprecher Steffen Seibert behauptete am Freitag: »Die Entscheidung ist noch nicht gefallen«. Die Berechnungen liefen noch, so der ehemalige ZDF-Moderator. Es bleibe bei dem Zeitplan, dass Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Montag den Gesetzentwurf zur Neuberechnung der Regelsätze vorlegen werde. Zuvor entscheide der Koalitionsausschuss von Union und FDP am Sonntag abschließend über die Regelsatzhöhe.

In trockenen Tüchern ist das Ganze allerdings noch nicht: Denn das neue Gesetz muss die Länderkammer passieren, und Schwarz-Gelb hat dort keine Mehrheit. So ist man auf die Stimmen der SPD-geführten Länder angewiesen.

Kritik am asozialen Geiz der Regierung kam gestern von Sozialverbänden, Opposition und den Kirchen. Der Vorsitzende der Arbeiterwohlfahrt, Wolfgang Stadler, bezeichnete das Vorhaben als »politisches Armutszeugnis«. LINKE-Chef Klaus Ernst nannte die dürftige Erhöhung einen »riesigen Skandal«.

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!

In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!

Unterstützen über:
  • PayPal