Einfrieren und Schuldenbremse

Finanzsenator Nußbaum präsentierte mittelfristige Finanzplanung des Senates

  • Klaus Joachim Herrmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Wer vom Finanzsenator gestern eine Art Streich- oder Giftliste mit konkreten Positionen erwartet hatte, wurde enttäuscht. Ulich Nußbaum (parteilos) blieb nach der Senatssitzung vor Journalisten strikt bei der Erläuterung der mittelfristigen Finanzplanung für die Jahre 2010 bis 2014. Die hat zwar mehr als 100 Seiten, ist aber Strategie. Hier erscheinen die Millionen aufsummiert im Paket, nicht nach einzelnen Positionen. »Eine Liste hätten Sie gern«, wusste der Senator, »die werden Sie jetzt aber nicht bekommen«. Es gehe schließlich noch nicht um die Aufstellung eines Haushaltes.

Somit lag der Schwerpunkt darauf, dass mit dieser Planung die bundesweit in Kraft getretene »Schuldenbremse« zur finanzpolitischen Leitlinie auch für die Stadt Berlin geworden ist. Ab dem Jahre 2019 müssen sich die Einnahmen mit den Ausgaben decken. Defizite lassen sich nicht mehr mit einer Anhäufung zusätzlicher Schulden ausgleichen. Wohl gerade auch deshalb betonte der Finanzsenator wiederholt, seine Vorlage sei im Senat einstimmig verabschiedet worden.

Damit dürfen die Ausgaben des Landes bis zum Jahre 2020 um höchstens 0,3 Prozent pro Jahr ansteigen. Von 22 Milliarden Euro im Jahre 2010 käme man zehn Jahre später also auf 22,6 Milliarden. Wenn dieser Wert überschritten werden sollte, müsse »durch Konsolidierungsmaßnahmen gegengesteuert«, im Klartext also gespart werden. Da für die Jahre 2012/2013 bereits zusätzliche Ausgaben von rund 600 Millionen Euro erwartet werden, kann er nicht mehr steigen – er wird also faktisch eingefroren.

Mögliche »Konsolidierungsbeiträge«, also Sparpotenzial gegenüber den bisherigen Planungen sieht Finanzsenator Nußbaum in den Jahren 2012 und 2013 bei den Personalkosten, im Baubereich, bei Verwaltungsausgaben oder Zuschüssen zu Investitionen. Die Abführungen von Landesunternehmen könnten erhöht werde.

Von noch wirklich schmerzhafter Bedeutung könnte eine Fußnote zu den bislang verschonten Bezirken werden. Darin ist angemerkt, dass die Einhaltung der Planungslinie der Finanzen in den Jahren 2009-2013 »Maßnahmen zur Begrenzung von überdurchschnittlichen Ausgabezuwächsen bei den Kosten der Unterkunft und bei Kitas, ein intensives Controlling der Transferausgaben, die Überprüfung der Entgelte bei entgeltfinanzierten Betreuungsleistungen und die Hebung von Effizienzreserven« voraussetze. Hier dürfte also bald eine verschärfte Kontrolle und Einsparung zu erwarten sein.

Denn das Land Berlin sitzt auf insgesamt weit über 60 Milliarden Euro Schulden fest. Die Steuereinnahmen sind gesunken. So verweist die Finanzverwaltung auf ein Minus an 2,3 Milliarden Euro aus Steuereinnahmen, von denen 890 Millionen durch steuerpolitische Entscheidungen der Bundesregierung bedingt seien.

Rot-Rot habe die unverändert schwere Haushaltsnotlage Berlins bestätigt, folgerte Jochen Esser, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion der Grünen. »Auf absehbare Zeit wird Berlin mit dem auskommen müssen, was wir heute haben. Alle unvermeidlichen Kostensteigerungen müssen in den nächsten Jahren durch Sparmaßnahmen aufgefangen werden.«

Eigene Schwerpunkte, die von Sparmaßnahmen nicht betroffen sein dürften, präsentierte der haushaltspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Uwe Goetze. Er verwies dabei auf Bildung und Innere Sicherheit, die »unangetastet« bleiben müssten. Auch mit Personalabbau tut man sich schwer. Begrüßt wurde, dass sich der Senat »grundsätzlich zur Schuldenbremse bekennt« und offenbar ein erstes Zeichen der Konsolidierung setzen wolle.

Von FDP-Fraktionschef Christoph Meyer kam die Forderung nach einem Nachtragshaushalt für 2011 und eine Buchempfehlung »zur fachlichen und konstruktiven Unterstützung« – »unser Liberales Sparbuch 2010/11«.


Eckzahlen 2010-2014

  • Das Land Berlin gibt 2010 und 2011 jeweils rund 22 Milliarden Euro aus. Auf diesem Stand sollen die Ausgaben eingefroren werden. Das bedeutet, dass das Land 2012 auf ein Ausgabenwachstum von 450 Millionen Euro verzichtet und ein Jahr später auf 600 Millionen Euro.
  • Zusätzliche Einnahmen verspricht sich Nußbaum aus dem Verkauf von Grundstücken sowie aus Gewinnen der Landesunternehmen. Dadurch sollen Überschüsse erzielt werden, um Schulden abzubauen. Berlins Schuldenberg erreicht in diesem Jahr knapp 64 Milliarden Euro. dpa
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