Messingpott für die Korbjäger

Die Basketball-Bundesliga will sich ab heute als perfektes Produkt präsentieren

  • Christian Heinig
  • Lesedauer: 4 Min.

Bamberg hat den Ruf, ein ungewöhnliches Städtchen zu sein. Das liegt allerdings nicht an den Weltkulturerbebauten, die schon für die Verfilmung des fliegenden Klassenzimmers als Kulisse dienten, und es liegt auch nicht am berühmten Bamberger Rauchbier, das unter Verwendung von geräuchertem Malz entsteht. Das Ungewöhnliche an der Stadt in Oberfranken sind seine verrückten Basketballfans. Sie gieren geradezu nach dem orangenen Lederball, und nach ihrem Team, den Brose Baskets, dem amtierenden Deutschen Meister. Die Halle ist besser bekannt als Frankenhölle, nirgendwo sonst ist die Atmosphäre landauf, landab so hitzig, so emotionsgeladen wie hier. Man nennt Bamberg deshalb auch »Freak-City«, Stadt der Verrückten.

Verrückt war allerdings auch, was sich in den vergangenen Wochen dort abgespielt hat. Heute startet die Basketball-Bundesliga in die neue Saison, aber erst seit Mittwochabend wissen die Bamberger, dass ihr erstes Heimspiel am Sonntag gegen Ulm auch in ihrer Arena ausgetragen wird. Der Grund: Kein Betreiber der neun Jahre alten Halle konnte sie bisher profitabel unterhalten, nun stand sie aus Insolvenzgründen vor der Schließung.

Bis vorgestern, da stimmte der Stadtrat schließlich dem Kauf der Halle zu, auf der 4,5 Millionen Euro Schulden lasten sollen. Abzuwarten bleibt, ob es der Stadt gelingt, die Arena mit Erfolg zu betreiben. Bambergs Manager Wolfgang Heyder ist erleichtert. »Einen Plan B gibt es nicht«, hatte er erst kürzlich betont. Ein Umzug nach Nürnberg stand im Raum. Nun hat er Planungssicherheit.

Diese Episode rund um die Bamberger Unterkunftsfrage ist der einzige kleinere Schönheitsfleck, den man am Prunkbau BBL in den zurückliegenden Wochen ausmachen konnte. Die Liga glänzt und glitzert derzeit. Die Finanzkrise ist an ihr scheinbar abgeprallt. Kein Verein, so verkündete BBL-Geschäftsführer Jan Pommer jüngst voller Stolz, habe bedeutende Einbußen hinnehmen müssen. Dabei übersieht er zwar, dass in der Vorsaison die Klubs aus Düsseldorf, Tier und Köln Insolvenzanträge stellen mussten, allen Dreien aber gelang es, das Projekt neu aufzustellen.

Das ist Vergangenheit. Pommer meint, dass Lizenzierungsverfahren der BBL sei »definitiv das beste im europäischen Basketball«. Mehrmals jährlich müssen die Klubs nun Zeugnis ablegen und Bilanzen zur wirtschaftlichen Lage bei der BBL abgeben. Die finanziell klammen Düsseldorfer sogar monatlich.

Wozu dieses System der Frühwarnung dienlich ist, leuchtet ein. Pommer besitzt auf diese Weise stets den Überblick, so lassen sich mögliche Negativschlagzeilen besser kommunizieren, vor allem kann er von ihnen nicht überrascht werden. Lieber sieht Pommer die Marke BBL ohnehin wachsen. Und das tut sie, in vielen Bereichen. Seit 2004 hat sich die Summe der Klubetats von knapp 34 auf rund 60 Millionen Euro erhöht. Mit fast 3900 Zuschauern im Schnitt ist die deutsche Beletage zudem die Nummer zwei der europäischen Ligen, eine bessere Besucherbilanz weist nur die spanische ACB auf.

Zu den Heimspielen von Alba Berlin kamen in der vorigen Spielzeit bis zu 10 000 im Schnitt – mehr hat keiner auf dem Kontinent. Und ganz wichtig: Die BBL hat nun einen Meisterpokal, der im Gegensatz zu seinen Vorgängern ohne jede Glaspolitur auskommt. Es ist ein riesiger Messingpott, »aus dem man endlich Bier trinken kann«, sagt Liga-Präsident Thomas Braumann. »Das war der Wunsch der Spieler.«

Bleibt die Frage, bei wem der Durst aufs Hopfenbräu wohl am größten ausgeprägt ist. Nur der Meister darf an den Pott. Beim Hauptstadtklub glaubt man an einen Titel-Dreikampf mit Meister Bamberg und Vorjahressieger Oldenburg. »Man muss aber auch Göttingen auf dem Zettel haben«, sagt Marco Baldi, der Berliner Geschäftsführer. Die Göttinger hatten in der Vorsaison überraschend die Eurochallenge gewonnen. »Sie waren damals unberechenbar und sind es noch heute.«


Der Modus: Die 18 Teams der Basketball-Bundesliga bestreiten zwischen dem 1. Oktober und 23. April eine Hin- und Rückrunde. Die ersten acht ziehen in die Play-offs ein. Die beiden Letzten steigen in die zweite Liga (Pro A) ab.

Das Wertungssystem: Die Liga kehrt in dieser Saison zum alten Wertungssystem zurück. Ein Sieg wird mit 2:0 Punkten gewertet, Niederlagen mit 0:2.

Die Regeländerungen: Die Dreipunktelinie befindet sich künftig 6,75 m entfernt vom Korb – das sind 50 Zentimeter weiter hinten als bisher. Zudem erscheint die Zone unter dem Korb nicht mehr alsTrapez, sondern als Rechteck.

Das Vermarktungsmotto: Die BBL startet in ihre 45. Spielzeit mit dem Slogan: »Spürst Du das Dribbeln?«

Die Fernsehpräsenz: Mehr als 50 BBL-Spiele werden bei Sport1 zu sehen sein. Den Anfang macht die Partie Gießen gegen Bonn am Sonnabend (17 Uhr). ND

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