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»Das ist unsozial«

Hitzige Bundestagsdebatte zur umstrittenen Gesundheitsreform

  • Lesedauer: 2 Min.
Die umstrittene Gesundheitsreform lieferte am Donnerstag genug Munition für einen heftigen Schlagabtausch im Bundestag zwischen Regierung und Opposition. Aber immerhin verhindern die geplanten Beitragserhöhungen und die anziehende Konjunktur wohl das befürchtete Milliardendefizit der Krankenkassen.

Berlin/Bonn (ND/Agenturen). Koalition und Opposition haben sich im Bundestag einen erbitterten Schlagabtausch über die geplante Gesundheitsreform geliefert. Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) warf SPD und Grünen Ungerechtigkeit vor, weil sie ein Milliardendefizit bei den Krankenkassen hinterlassen hätten. »Wir müssten jedes fünfte oder sechste Krankenhaus schließen«, sagte Rösler bei der ersten Lesung der Reformentwurfs am Donnerstag. Die schwarz-gelbe Koalition stopfe das Milliardenloch 2011. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach warnte vor einer »Störung des sozialen Friedens«. SPD-Fraktionsvize Elke Ferner warf Rösler vor, die Abrissbirne ans Solidarsystem anzusetzen: »Wir werden 2013 diesen Murks - alles – wieder rückgängig machen.« Mit Blick auf die neuen, nach oben offenen Zusatzbeiträge warnte sie: »Je höher die Kopfpauschalen steigen, desto weniger netto vom brutto wird es geben mit dieser Koalition.«

Der Beitragssatz soll kommendes Jahr von 14,9 auf 15,5 Prozent steigen, das Umsatzplus von Ärzten, Kliniken und Pharma um 3,5 Milliarden gesenkt werden. Die nach oben offenen Zusatzbeiträge sollen künftige Kostensteigerungen ab 2012 decken. Rösler räumte ein, das damit verbundene Einfrieren der Arbeitgeberbeiträge sei keine angenehme Antwort auf die Herausforderungen. Doch nur so könne der Teufelskreis durchbrochen werden, dass mehr Gesundheitsschutz weniger Beschäftigung bedeute. Martina Bunge von der LINKEN monierte: »Das ist unsozial.«

Rösler entgegnete: »Selbstverständlich wird es einen Sozialausgleich aus Steuermitteln geben – damit wird die Solidarität auf breitere Basis gestellt.« Der Minister richtete die Attacken der Opposition gegen diese selbst: »Sie machen die Menschen zu Bittstellern, und nicht wir.« Heute müsse man einen Antrag stellen, wenn man überlastet sei – der neue Sozialausgleich solle automatisch laufen.

Scharf wies Rösler Lobbyismusvorwürfe zurück: »Elf Milliarden Euro bekommt die gesetzliche Krankenversicherung im nächsten Jahr, und gleichzeitig nehmen wir der Pharmaindustrie zwei Milliarden Euro.« Dies zeige, dass die Attacken unsinnig seien.

Wie gestern Abend bekannt wurde, verhindert die Gesundheitsreform offenbar das befürchtete Defizit der gesetzlichen Krankenkassen. Zusätzliche Zusatzbeiträge würden nicht fällig, hieß es aus dem Schätzerkreis für die gesetzliche Krankenversicherung am Donnerstag in Berlin.

Zusätzliche Steuermittel in Höhe von zwei Milliarden Euro könnten für den geplanten Sozialausgleich genutzt werden. Dies hätten die Experten von Bundesversicherungsamt, Gesundheitsministerium und Krankenkassen einvernehmlich prognostiziert. Der Schätzerkreis tagte in Bonn.

Zunächst war noch ein Defizit von elf Milliarden Euro erwartet worden.

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