Stichtag 1. Januar 2011

Was passiert, wenn das Hartz-Gesetz nicht rechtzeitig in Kraft tritt?

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin (epd/ND). Die Suche nach einem Kompromiss für die Hartz-IV-Reform gilt als schwierig. Die Regierung braucht die Zustimmung der Länder, in denen die SPD mitregiert, und sie steht unter Zeitdruck. Bis zum Ende des Jahres muss die Reform umgesetzt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat darüber hinaus in seinem Hartz-IV-Urteil vom 9. Februar dieses Jahres eine klare Vorgabe gemacht. Sollte der Gesetzgeber seiner Pflicht zur Neuregelung der Hartz-IV-Regelsätze bis zum 31. Dezember nicht nachkommen, muss ein später erlassenes Gesetz rückwirkend zum 1. Januar 2011 in Kraft gesetzt werden.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will nun mit den Ländern und den Oppositionsparteien Gespräche führen. Wenn keine Einigung zustande kommt, würde der Bundesrat der Hartz-IV-Reform am 17. Dezember nicht zustimmen. Die erhöhten Leistungen müssten aber dennoch ausgezahlt werden. Wie das erfolgen soll, ist nur teilweise klar.

Die Erwachsenen müssten von Januar an pro Monat fünf Euro mehr bekommen als heute. Sicher ist, dass sie das Geld bekommen, nicht klar ist aber, wann. Sehr wahrscheinlich würde es eine rückwirkende Zahlung geben, wenn der Bundesrat die Hartz-IV-Reform nicht rechtzeitig verabschiedet.

Beim Bildungspaket für Kinder wird es schwieriger. Man betrete juristisches Neuland, hatte von der Leyen erklärt, wenn es vor der entscheidenden Abstimmung im Bundesrat keine Einigung gebe. Kinder von Langzeitarbeitslosen sollen ab Januar nach dem Willen der Regierung pro Monat im Durchschnitt zehn bis zwölf Euro für Vereinsbeiträge, Freizeitaktivitäten und Schulessen bekommen – dies aber, ebenso wie Nachhilfe, als Sachleistung. Jobcenter oder Kommunen sollen Gutscheine ausstellen oder direkt mit den Anbietern abrechnen. Ob das Arbeitsministerium eine Alternative vorbereitet, lässt es derzeit offen. Man gehe davon aus, dass alles so umgesetzt werde, wie es das Verfassungsgericht gefordert hat, ist alles, was das Ministerium verlauten lässt.

Von der Bundesagentur für Arbeit (BA) in Nürnberg war ebenfalls keine Auskunft darüber zu erhalten, ob die Jobcenter in der Lage wären, nach einem Scheitern der Hartz-IV-Reform im Bundesrat binnen 14 Tagen eine andere Auszahlung der Leistungen für Kinder zu gewährleisten. Die BA müsse die Entscheidungen der Politik abwarten, sagte BA-Sprecher Kurt Eikemeier auf Nachfrage. »Wenn es so kommt, wie es jetzt im Gesetzentwurf steht, dann können wir es umsetzen.« Für den anderen Fall könne er keine Vorhersage machen.

Die SPD, die ihre Zustimmung zur Hartz-IV-Reform von Fortschritten beim Mindestlohn und Zusagen für einen verstärkten Ausbau der Ganztagsschulen abhängig machen will, sieht sich nicht unter Druck. Die sozialpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Anette Kramme, sagte, sie fürchte nicht, dass den rund 6,7 Millionen Hartz-IV-Empfängern Nachteile entstehen könnten, wenn es zu keiner Einigung kommt. Von der Leyen habe in Gesprächen zugesichert, auch wenn zum Jahresende kein Gesetz verabschiedet sei, würden die neuen Leistungen gezahlt.

Sie gehe davon aus, so Kramme, dass diese Zusage nicht nur für die Regelsätze für Erwachsene, sondern auch für die Bildungsförderung der Kinder gelte. Die SPD hat sich im Gegensatz zu Union und FDP dafür ausgesprochen, dass das Geld bar an die Familien ausgezahlt wird. Käme es zu einer entsprechenden Übergangslösung, solange das Gesetz nicht verabschiedet ist, wäre dies aus Sicht der SPD folglich kein Problem.

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