Mieten: »Die Schere geht auseinander«

Wohnungen in der Innenstadt werden immer teurer / Leichter Preisrückgang am Stadtrand

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.
In Prenzlauer Berg werden Spitzenmieten bis zu zwölf Euro fällig.
In Prenzlauer Berg werden Spitzenmieten bis zu zwölf Euro fällig.

Wohnungs-Flashmobs machen Immobilienmakler offenbar nervöser als zugegeben. Gestern waren jene phantasievollen Aktionen, bei denen zumeist junge Laute bei Wohnungsbesichtigungen gegen zu hohe Mieten protestieren, sogar Thema beim Immobilienverband Deutschland (IVD). Dabei sei so etwas in Berlin gar nicht nötig und spiegele ohnehin nicht die Realität wieder, hieß es. Und die Realität lautet nach Einschätzung von Andreas Habath, Vizechef des IVD Berlin-Brandenburg: »Berlin ist immer noch die Hauptstadt der kleinen Preise.«

Demnach sind die Marktmieten, die bei Neuvermietung verlangt werden können, in »Standardwohnlagen« im zurückliegenden Jahr um ein Prozent auf 5,85 Euro pro Quadratmeter gestiegen und liegen damit etwa einen Euro über dem Durchschnittswert des Mietspiegels. In »Vorzugswohnlagen« stiegen sie sogar um drei Prozent, hier werden im Schnitt 7,20 Euro pro Quadratmeter fällig. Aber für fünf Euro sollte man auch nicht unbedingt am Gendarmenmarkt oder Potsdamer Platz wohnen können, so die Makler. Die Bundesratsinitiative des rot-roten Senats, die Mietsteigerungen zu deckeln, wird deshalb sehr misstrauisch gesehen.

Allerdings konstatieren auch die Makler, dass »die Schere zwischen dem unteren und dem oberen Preissegment« weiter auseinander geht. In Friedrichshain-Kreuzberg beispielsweise werden in Gründerzeithäusern bis zu acht Euro pro Quadratmeter fällig – ein Anstieg um 6,7 Prozent. Niemand habe eben das Recht, in einer bestimmten Straße zu wohnen, meinte Habath. Wenn das alle wollen, wird es halt teurer. Es gebe auch keine Anzeichen dafür, dass es bei den preisgünstigen Wohnungen eng wird. Im Gegenteil, da warte ein Makler manchmal bis zu vier Wochen, bis es überhaupt zu einer Besichtigung komme, während bei teuren Wohnungen »leicht mal 30 Leute im Treppenhaus stehen«, so Habath. »Wir sind froh über die Klientel, die so viel zahlen will.« Meistens seien dies aber Zugezogene.

Am teuersten wohnt man nach IVD-Angaben weiterhin in Charlottenburg-Wilmersdorf, wo im Schnitt zwischen 6,75 und 9 Euro pro Quadratmeter verlangt werden. In Mitte liegen die Preise zwischen 6 und 8,25 Euro, in Pankow zwischen 6 und 7,50 Euro. Am günstigsten ist es in Neukölln mit Mieten zwischen 5 und 5,75 Euro. In einigen Gebieten Spandaus und Marzahn-Hellersdorfs wurden sogar leichte Rückgänge registriert, in Marzahn-Hellersdorf auf 5,50 bis 6,75 Euro pro Quadratmeter, in Spandau auf 5,50 bis 6,50 Euro.

Aber auch in Neukölln gibt es nicht nur Schnäppchen. Habath wusste von einer italienischen Studentin zu berichten, die über eine 35-Quadratmeter-Wohnung für 385 Euro »total happy« war. Absoluter Spitzenreiter war eine Wohnung am Pariser Platz für 25 Euro pro Quadratmeter. Der Geheimtipp für gute Geschäfte ist für die Makler Pankow. Nach der Schließung des Flughafens Tegel werden hier steigende Mieten erwartet. Umgekehrt müssen die Mieten in der BBI-Einflugschneise nicht fallen: »Die Wohnqualität und Immobilienpreise haben nichts miteinander zu tun«, sagte Habath. Viel Spielraum für Flashmobs.

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