David Korty

Sanftes Chaos

  • Tom Mustroph
  • Lesedauer: 2 Min.

David Korty mag es nicht, wenn die Dinge allzu sehr in Unordnung geraten. Preußisch ausgerichtet sollen sie aber auch nicht sein. In seiner ersten Einzelausstellung in Deutschland, die von der Galerie Gerhardsen Gerner ausgerichtet wird, wartet der kalifornische Künstler mit einer Serie von Frauenporträts auf, in der die Umgebung durch einen Windhauch leicht durcheinandergeraten ist. Briefe liegen scheinbar wahllos herum, Kreditkarten, Telefone und ein I-Pod. Allerdings sind all diese Dinge so geschickt arrangiert, dass sich ein feines Netz von Linien und ein harmonisches Spiel von Farbflächen auf der Leinwand ergeben.

In der Porträtserie fällt auf, dass die Abbildung des Gesichts selbst von einer im Bild befindlichen Fotografie stammt. Es handelt sich um ein Bild im Bild. Selbst das, was lebendig scheint, ist also Gegenstand.

Alle Bildelemente Kortys gehören der gleichen Klasse von Gegenständen an. Sie sind flaches Papier. Auch die diversen elektronischen Geräte, die er zeigt, wirken nicht real und dreidimensional; sie sind zum zweidimensionalen Abbild ihrer dreidimensionalen Existenz geschrumpft.

Das ist – gerade in Zeiten, die durch digitale Gleichmacherei geprägt werden – eine raffinierte Volte. Korty macht die digitale Verdopplung der physisch-realen Welt nur zur Hälfte – also auf Papier und Leinwand – mit. Gleichzeitig verweist er mit einer Vielzahl an Elementen aus Papier (Postkarten, Briefe, Notizzettel) auf noch verdinglichte Kommunikations- und Speichertechniken.

In den Arbeiten des sich an Alex Katz, dem US-amerikanischen Großmeister des Neorealismus, orientierenden Künstlers steckt also durchaus mehr als die ihm zuweilen vorgeworfene Gefälligkeit. Gewiss, existenzielle Abgründe klaffen nicht auf seinen Leinwänden. Aber er nimmt seine Betrachter auf eine Reise mit, die sie in eine spannende Distanz zum Dargestellten zwingt.

Bis 5.11., Gerhardsen Gerner, Holzmarktstr. 15 - 18

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