»Ketchup ist rot, rot steht für Blut«

Ralf Karling: OB Sauerland soll nachdenken

  • Marcus Meier
  • Lesedauer: 2 Min.
Der Mann, der Duisburgs OB Sauerland mit Ketchup attackierte, war einst Kameramann. Durch seine Erlebnisse im Jugoslawienkrieg wurde er aus der Bahn geworfen. Später gründete er einen Hilfsverein für sozial Bedürftige. Dessen Zukunft steht nach der Attacke in den Sternen.

Alles hätten er und seine Mitstreiter zuvor probiert: Unterschriften gesammelt. Petitionen eingereicht. Demonstriert. Doch der Oberbürgermeister habe nicht reagiert, sagt Ralf Karling, der Mann, der Duisburgs OB Adolf Sauerland am Mittwoch mit Ketchup besudelte. Er habe, sagt Karling, den Christdemokraten »so schändlich begrüßen wollen«, wie der die Leute behandele, »die einfach von ihm einfordern, Verantwortung zu übernehmen«.

Verein für Armenhilfe

Sauerland gilt vielen als ein Hauptverantwortlicher für das Loveparade-Unglück am 24. Juli, das zu 21 Toten und hunderten Verletzten und Traumatisierten führte. Der OB, so seine Kritiker, habe die Loveparade gegen alle Bedenken durchgesetzt, um seiner Stadt einen Imagegewinn zu verschaffen. Doch Sauerland bleibt im Amt. Auch Karling moniert Sauerlands »Ignoranz gegenüber den Opfern und den Toten der Loveparade«. »Ich wollten den Mann treffen, ich wollte ihn berühren, aber ich wollte ihn nicht verletzten«, begründet er seine Attacke. Karling war Kameramann in Kriegsgebieten. Filmte das Massaker in Srebrenica. Wurde dadurch aus der Bahn geworfen. Landete schließlich im Hartz-IV-Bezug. Doch mit der staatlichen Stilllegungsprämie wollte der spätere Ketchup-Mann sich nicht abfinden (lassen): Er gründete den Verein »Bürger für Bürger«. Hier verkaufen Arme Lebensmittel an Arme – für einen symbolischen Betrag. Der Verein organisiert auch eine Straßenambulanz für Obdachlose. Unklar ist, wie es nun weitergeht mit dem Verein, nachdem der Chef so in die Schlagzeilen geriet. Gestern war die Vereins-Webseite offline.

Behörden ermitteln

Die linke Gesichtshälfte, die Lederjacke, das Redemanuskript: Über und über war Adolf Sauerland mit Ketchup beschmiert. »Ketchup ist rot, rot steht für Blut, die Loveparade war eine blutige Veranstaltung«, sagt Karling. Der Endvierziger hofft, dass nach dem tätlichen Angriff nun bei Sauerland ein Denkprozess einsetzt. »Wenn sich jetzt in seiner Psyche nichts bewegt, dann ist der Mann schon tot!« Sauerland verzichtete auf eine Anzeige – er wolle Karling keine Öffentlichkeit bieten. Die Staatsanwaltschaft Duisburg ermittelt von Amts wegen. Beleidigung, Sachbeschädigung, Körperverletzung. »Die gesamte Palette ist denkbar«, so ein Behördensprecher. Doch müsse man zunächst die Ergebnisse der Ermittlungen abwarten.

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