Nationale Karten werden gespielt
Schattenberichterstatterin fordert ganzheitlichen Ansatz des EAD / Franziska Brantner ist Außenpolitische Sprecherin der Grünen im Europaparlament
ND: Macht es nicht Sinn, alle außen- und sicherheitspolitischen Bereiche der EU unter einem Dach zusammenzufassen?
Brantner: Es macht Sinn, dass sie koordiniert werden – solange die militärischen und zivilen Entscheidungsstränge und jene für die Entwicklungspolitik getrennt bleiben. Diese Bereiche dürfen nicht vermischt werden. Ich habe schwere Bedenken, dass als Chef des militärisch-zivilen Planungsstabs ein Politiker im Gespräch ist, der ausschließlich NATO-Erfahrungen hat, und zudem von den 118 neu geschaffenen Stellen im EAD keine einzige für ziviles Konfliktmanagement und Krisenprävention vorgesehen ist.
Notwendig ist dagegen, sich den Verlauf von Konflikten anzusehen, um frühzeitig mit zivilen Mitteln Krisen zu verhindern oder schnell zu beenden. Eine mögliche militärische Komponente muss dem klar untergeordnet werden. Es geht also um ein gesamtes Konzept zur Konfliktverhinderung und -beilegung und nicht um ad-hoc-Aktionen.
Kann der EAD das leisten? Schließlich ist er nur ausführendes Organ einer Politik, die beispielsweise im Lissabon-Vertrag festgeschrieben ist.
Ich habe die Hoffnung, dass der EAD das außenpolitische Vorgehen zumindest ganzheitlicher als bisher vorbereiten wird. Tatsache aber ist auch, dass sich mit Lissabon die Entscheidungsmechanismen in der Außenpolitik nicht geändert haben. Das Sagen haben immer noch die Staaten, die Regierungen bestimmen, was wie umgesetzt wird. Die Entscheidungsvorbereitung und Umsetzung kann mit dem EAD aber durchaus verbessert werden.
Besteht die Gefahr, dass die Mitgliedstaaten ihre spezifischen Interessen über den EAD in der EU-Außenpolitik durchsetzen?
Diese Gefahr sehe ich. Schon, weil die Mitgliedstaaten seit Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags nicht mehr die Möglichkeit haben, über die Ratspräsidentschaft die EU-Außenpolitik zu beeinflussen. Ich habe aber eher den Verdacht, dass die Regierungen versuchen, den EAD schwach zu halten, um wieder verstärkt die nationale Karte zu spielen.
Welche Möglichkeiten bestehen für die Parlamente, den EAD zu kontrollieren?
Die nationalen Parlamente müssen natürlich ihre Regierungen kontrollieren; auch hinsichtlich der Entscheidungen, die diese in Brüssel treffen. Das Europäische Parlament hat in den Verhandlungen über den EAD eine größere Mitsprache bei Haushaltsfragen durchsetzen können. So wird es zu den großen Missionen eigene Haushaltslinien geben. Damit kann man durchaus Einfluss auf diese einzelnen Aktionen nehmen. Nicht zuletzt ist der EAD, wie die Kommission, gegenüber dem Parlament rechenschaftspflichtig. Trotzdem bleiben in dieser Frage noch viele Lücken zu füllen.
Fragen: Uwe Sattler
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