...und auch Bruno Ganz
Filmpreise Europas
Ehrung fürs Lebenswerk! Kein Ermunterungspreis, eher die Bestätigung: Man hat sich an eine Beständigkeit und gewisse Endgültigkeit herangealtert.
Der Schweizer Bruno Ganz (Foto: AFP), der im nächsten Jahr siebzig wird, trägt den Iffland-Ring, die wohl mystischste, in ihrer historischen Verankerung denkwürdigste Auszeichnung – seit dem 18. Jahrhundert wird der Reif, jeweils auf Lebenszeit, weitergegeben. Eine Ehrung für Theaterspiel. Ganz hat die Lust auf Theater längst verloren. Zu viel mediale Vermischung, verbunden mit ästhetischem Rigorismus. Er ist ein Filmspieler geworden. Berührend umständlich, unzeitgemäß leise, graziös und vertrackt. Es gibt eine Filmografie über den Hitler im »Untergang« hinaus: Rohmer, Wenders, Herzog, Schlöndorff, Soldini. Immer zog es den Schauspieler zu Aufgaben, die im Bannraum einer Geistesverwandtschaft liegen, welche auf die Berechenbarkeit von Erfolg keine Rücksicht nimmt.
Dieser Spieler ist in all seinem Dunkel-Ungebärdigen doch geheimnisvoll beherrscht; man sieht ihn und fragt sich aufschreckend: Warum fällt uns heute alles so abschnurrend leicht? Warum sind unsere Zungen in zu vielen Dingen so gelöst? Ganz spielt hin zu den Bedrängnissen, die uns unsere Natur bereitet. Suche nach der verlorenen Zeit, die doch nur immer der Traum davon bleibt, wir wüssten genau, was uns die Stunde schlägt.
Seinen Gestalten sieht man an, dass er sie sich nicht mit Willkür aneignet. Er geht tief und lässt doch vielels unangetastet. Das ist Schönheit: dem Verletzbaren eine Chance, ein Gesicht geben, das nicht alles zeigt. Der Preis fürs Lebenswerk erzählt. Da weiß einer um den Preis, den Lebens Werk kostet.
hds
Europäische Filmpreise in Tallinn verliehen +++ Roman Polanskis »Ghostwriter« als bester Film geehrt, zudem für Regie, besten Schauspieler (Ewan McGregor), bestes Drehbuch (Robert Harris/Polanski), bestes Szenenbild (Albrecht Konrad), beste Musik (Alexandre Desplat) +++ Beste Schauspielerin: Sylvie Testud (»Lourdes«) +++ Kamerapreis: Giora Bejach (»Lebanon«) +++ Schnitt: Luc Barnier & Marion Monnier (»Carlos – Der Schakal«) +++ Entdeckung 2010: »Lebanon« von Samuel Maoz +++ Beste Dokumentation: »Nostalgia for the Light« von Patricio Guzmán +++ Ehrenpreisträger: Bruno Ganz (Lebenswerk) und Gabriel Yared (Beitrag zum Weltkino). dpa
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