Arbeitsbedingungen »mangelhaft«

DGB-Index »Gute Arbeit 2010« stellt nur geringe Verbesserungen fest

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit »mangelhaft« benoten ein Drittel der Beschäftigten nach dem gestern in Berlin vorgestellten DGB-Index Gute Arbeit 2010 ihre Arbeitsbedingungen. Besserung ist nicht in Sicht.

Die Ergebnisse seien »keine Katastrophe, aber auch nicht berauschend«, kommentierte der DGB-Vorsitzende Michael Sommer. Gegenüber dem Vorjahr haben sich die Bewertungen minimal verbessert. Seit 2007 fragt der DGB jährlich die Zufriedenheit der Beschäftigten ab, für die repräsentative Auswertung wurden in diesem Jahr 4150 Beschäftigte befragt. Demnach bewerten nur 15 Prozent ihre Arbeit als »gut«. Einen neuen Spitzenstand erreicht mit 36 Prozent der Anteil der Arbeitnehmer, die nicht davon ausgehen, unter den derzeitigen Arbeitsbedingungen bis zur Rente durchhalten zu können.

Auffällig an den Ergebnissen ist nach Ansicht Sommers auch, dass Beschäftigte Arbeitsbedingungen, die sie selber beeinflussen können – wie etwa den Umgang unter Kollegen oder den Sinngehalt der Arbeit –, grundsätzlich positiver bewerten als Bedingungen, auf die sie keinen Einfluss haben. Dazu gehören Einkommen, Arbeitsbelastung und Aufstiegsmöglichkeiten.

Besonders die prekär Beschäftigten vergeben für ihre Arbeit schlechte Noten. Hierzu zählen Erwerbstätige mit Vollzeitjob, die maximal 2000 Euro Gehalt brutto im Monat aus einem befristeten Arbeitsverhältnis oder Leiharbeit verdienen. Hier bewerten sogar 51 Prozent ihre Arbeitsbedingungen als »schlecht« und nur acht Prozent verorten ihre Bedingungen als »Gute Arbeit«. Dabei nehmen Leiharbeit und prekäre Beschäftigung weiter zu. So wurden im Bereich der Metallindustrie in einer aktuellen Betriebsrätebefragung der IG Metall nach der Finanzkrise 43 Prozent der Neueinstellungen über Leiharbeit geregelt, 42 Prozent waren sachgrundlose Befristungen und nur 15 Prozent der neu eingestellten Beschäftigten hätten eine unbefristete Vollzeitstelle, berichtet der IG-Metall Vorsitzende Berthold Huber. »Offenbar kehrt man nach der Krise zu den schon vorher verfehlten Ansätzen zurück«, kritisierte der Metaller. Sommer forderte in diesem Zusammenhang, eine »neue Ordnung auf dem Arbeitsmarkt zu etablieren«. Die Gewerkschaften kündigten an, die prekäre Beschäftigung weiterhin zu bekämpfen.

Der Index hat zudem die spezielle Situation der Beschäftigten in der Finanzkrise einbezogen. Demnach waren 64 Prozent von den Folgen der Krise betroffen, in erster Linie durch Arbeitszeitverkürzung wie Kurzarbeit, Abbau von Überstunden oder angeordeten Urlaub. Als Folge hat über die Hälfte der Beschäftigten ihren Konsum eingeschränkt, ein Drittel hat seine Rücklagen angebrochen und 20 Prozent gaben an, weniger oder nicht weiter in die Altersversorgung eingezahlt zu haben. Die Gewerkschaften, die Kurzarbeit als Kriseninstrument mitgetragen hatten, bemängeln, dass die von ihnen geforderten Qualifizierungen in dieser Zeit nur bei 13 Prozent der Beschäftigten tatsächlich stattgefunden haben.

Die Beschäftigten in der Metallindustrie sind mit 69 Prozent überdurchschnittlich von den Folgen der Finanzkrise betroffen. Hier berichten 35 Prozent von Entlassungen im Betrieb und 52 Prozent vom Abbau der Leiharbeit. Überdurchnittlich hoch ist mit 29 Prozent auch der Anteil der Metall-Beschäftigten, die Lohnkürzungen hinnehmen mussten. Die Metallgewerkschaft will deshalb weiterhin das Thema Leiharbeit angehen. Huber forderte Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) auf, ihren Gesetzentwurf zur Arbeitnehmerüberlassung, der noch im Dezember im Bundestag verhandelt werden soll, zu überarbeiten. Die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns sei ungenügend. Insgesamt »löst der Entwurf keines der Probleme«, so Huber. Er forderte gleiche Bezahlung für Leiharbeitnehmer, eine Höchstüberlassungsgrenze und die Wiedereinführung des Synchronisationsverbotes, also ein Verbot, Leiharbeiter wiederholt einzustellen.

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