Schwächelnde Recherche
FAKTENcheck: Jahrtausendwinter?
Es herrscht derzeit tiefster Winter in Deutschland und möglicherweise wird die Eiszeit noch Monate andauern. Einige Medien haben das schon vor Wochen gewusst und uns einen »Jahrtausendwinter« propzezeit. Gestützt haben sie sich dabei auf Aussagen des polnischen Wissenschaftlers Michal Kowalewski.
Doch an der Geschichte stimmt nichts, wie das Wissenschaftler-Portal wissenslogs.de herausgefunden hat. Kowalewski hatte in einem Interview mit einem polnischen Radiosender auf die Frage, welche Auswirkung ein Abreißen des Golfstroms habe, lediglich gesagt, dass dieses rein hypothetische Szenario zu härteren Wintern in Polen führen würde. Die Aussage wurde u.a. vom polnischen Boulevardblatt »Fakt« (Springer-Konzern) aufgegriffen. »Fakt« titelte »Der Jahrtausendwinter kommt!« und vermischte dabei die hypothetischen Aussagen Kowalewskis mit anderen Ereignissen wie etwa der Katastrophe auf der Öl-Plattform von BP vor der Küste Floridas. Von Polen aus verbreitete sich die Meldung mithilfe der Springer-Blätter auch in Deutschland. Mal waren es polnische, mal russische Forscher, die angeblich ein Schwächeln des Golfstroms ausgemacht haben und vor sibirischer Kälte warnen. Der »Jahrtausendwinter« war nicht mehr aufzuhalten.
Der Aufwand von wissenslogs.de zur Überprüfung der Aussage Kowalewskis war übrigens gering. Nach ein wenig Googeln und einer Mail an den polnischen Wissenschaftler war die Falschmeldung rasch aufgeklärt.
Wir haben einen Preis. Aber keinen Gewinn.
Die »nd.Genossenschaft« gehört den Menschen, die sie ermöglichen: unseren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die mit ihrem Beitrag linken Journalismus für alle sichern: ohne Gewinnmaximierung, Medienkonzern oder Tech-Milliardär.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen sichtbar machen, die sonst untergehen
→ Stimmen Gehör verschaffen, die oft überhört werden
→ Desinformation Fakten entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und vertiefen
Jetzt »Freiwillig zahlen« und die Finanzierung unserer solidarischen Zeitung unterstützen. Damit nd.bleibt.