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Mord zum Nachfahren

Rheinland-Pfalz ist bekannt für seine in der Region angelegten Kriminalromane

  • Andrea Löbebecke, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Den Anfang machte Autor Jacques Berndorf mit seinen Eifel-Krimis. Die Geschichten über Mord und Totschlag direkt vor der Haustür kommen beim Leser gut an. Inzwischen holen andere Regionen auf. Rheinland-Pfalz wird zum Krimiland.

Dreis-Brück/Essenheim. Der Mord um die Ecke hat Konjunktur. Viele Leser lieben regionale Krimis, die in ihrer Heimat spielen. Wie gruselig, wenn man auf dem Weg zum Bäcker an einem Haus vorbeikommt, der beim Schmökern am Abend vorher noch der Tatort war. Jacques Berndorf alias Michael Preute schaffte mit seinen Eifel-Krimis den großen literarischen Durchbruch. Inzwischen hat sich eine lebhafte regionale Krimiszene gebildet. Autoren mit dem Hang zur Heimat machen Rheinland-Pfalz zum Krimiland.

»Prima, deine Krimis kann man nachfahren« – so hätten ihn Leser gelobt, erzählt Berndorf in Dreis-Brück. Für den Autor von mehr als 20 Eifel-Krimis verbergen sich gerade in der Provinz brillante Storys. Und Rheinland-Pfalz biete sich dafür besonders an – mangels echter Großstädte. Allerdings warnt der Altmeister: »Wenn der Krimi an sich nicht gut ist, können Sie soviel Regionalität reinpacken wie Sie wollen. Es nutzt nichts.«

Der Historiker und Winzer Andreas Wagner (Essenheim) legte 2007 seinen ersten Krimi »Herbstblut« vor – und seitdem jedes Jahr einen weiteren Band über den Polizisten Paul Kendzierski und seine Recherchen im Weinland Rheinhessen. Die regionalen Krimis sind für Wagner – wie der Wein – ein Anti-Globalisierungsprodukt.

Tod im Häcksler

»Man liest gerne über Dinge, die man lokal verorten kann«, sagt Wagner. Neben dem Wiedererkennungseffekt treibt nach seiner Erfahrung auch viele die Neugier dazu, einen regionalen Krimi aufzuschlagen. Vielleicht erkenne ich ja jemanden? Komme ich sogar selbst vor? Wo spielt das? Während wohl viele Krimis als Urlaubslektüre oder Vorbereitung für eine Reise dienen – etwa Geschichten aus dem Allgäu oder Venedig, hat Wagner die umgekehrte Erfahrung gemacht. »Auf unser Weingut kommen Menschen aus Hamburg, die haben meinen Krimi gelesen und wollen sich dann Rheinhessen mal anschauen.« Wagner hat sich mit anderen Autoren in der Gruppe »Mörderisches Rheinhessen« zusammengeschlossen. »Wir profitieren unheimlich voneinander, allein von der Wahrnehmung in der Öffentlichkeit.« So veranstalteten die Krimi-Autoren in diesem Jahr bereits zum dritten Mal das Rheinhessische Krimifestival mit zahlreichen Lesungen.

»Jeder Krimi ist in gewisser Weise ein regionaler Krimi«, sagt die Pfälzer Autorin Monika Geier. Die Geschichten brauchten ihre Verankerung an realen Zeiten und Plätzen, denn sie lebten vom Detail. Geändert habe sich nur der Zugang des Publikums. »Das Regionale wird derzeit ganz anders erlebt als noch vor wenigen Jahren«, erklärt Geier.

Als 1991 der ARD-Tatort »Tod im Häcksler« ausgestrahlt wurde, ging ein Sturm der Entrüstung durch die Pfalz, weil das namenlose Dorf, in dem der Film spielte, als dumpfigste Provinz dargestellt wurde. »Heute wären dieselben Zuschauer wahrscheinlich begeistert von der Satire und würden versuchen, den kleinen Weiler ausfindig zu machen, um dort Lesungen und Spurensuche-Wanderungen abzuhalten.« Nach der Meinung des Hunsrück-Krimi-Autors Heinz-Peter Baecker hat jedes Bundesland seine kriminellen Aspekte. »Bei Rheinland-Pfalz sind es sicher unter anderem die vielen Burgen und Burgruinen, die kleinen verträumten Dörfer, in denen man nichts Böses vermutet.« Dazu kämen etliche Besonderheiten, wie zum Beispiel das unterirdische und geheime militärische »Ohr zum Osten« der Amerikaner im Hunsrück-Nest Wüschheim aus der Zeit des Kalten Krieges. Oder ganz aktuell der ehemalige Geldbunker der Deutschen Bank bei Cochem, der kürzlich der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.

Harmlose Gegend?

»Von Hamburg, Köln, Frankfurt und München, da weiß man, dass dort Verbrechen stattfinden, aber in dem harmlosen RLP ...«, meint Baecker. »Wenn dann die Leser in den Romanen noch Orte und – wie bei mir in meinen Krimis – sogar noch Personen finden, die sie kennen oder treffen können, dann fühlt man sich doch gleich mittendrin.« Ein Journalist habe mal gesagt: Der Regionalkrimi ist der moderne Heimatroman. »Und da ist etwas dran.«

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