Obamas neue Männer

Von der Wall Street ins Weiße Haus

  • Max Böhnel, New York
  • Lesedauer: 3 Min.
Zur Mitte seiner Amtszeit versucht Präsident Barack Obama auch in der Personalpolitik, den Gewinnen der Republikaner bei den Kongresswahlen zu begegnen.

Als bisher deutlichster Hinweis auf Obamas Positionierung Richtung rechts darf die Ernennung seines neuen Stabschefs William Daley gelten. Der Chefarchitekt des Freihandelsabkommens NAFTA unter Präsident Clinton, dem er als Handelminister diente, war nicht nur einer der wichtigsten Spendeneintreiber für Obama im Wahlkampf 2008, sondern auch der Top-Banker von »JP Morgan Chase« im Mittleren Westen der USA. AFL-CIO-Gewerkschaftschef John Sweeney bezeichnete den 62-Jährigen einmal als »den Interessen arbeitender Familien diametral entgegengesetzt«. Daley wandte sich in der Vergangenheit nicht nur gegen alle Reformansätze Obamas, sondern sprach sich auch für weitere Kürzungen im bereits schwer angeschlagenen Sozialbereich aus. In einem Interview mit der »New York Times« hat er die Politik Obamas als »too liberal« (zu links) bezeichnet. Obamas Lob für seinen neuen Stabschef: »Er hat ein tiefes Verständnis dafür, wie neue Jobs entstehen und wie unsere Wirtschaft vorankommt.«

Auch bei der Wahl des Nachfolgers von Lawrence Summers als Chef des Nationalen Wirtschaftsrats, der im Weißen Haus angesiedelt ist, setzt Obama auf einen Insider aus Wall Street und Politik. Am Freitagnachmittag (Ortszeit) sollte Gene Sperling, der den Posten schon unter Clinton innehatte, das Amt übernehmen. Er verdiente vor einigen Jahren mehrere Millionen als Vermittler von »Wohltätigkeits«-Aktivitäten bei der Bank »Goldman Sachs«. In der Clinton-Regierung war er einer der Wirtschaftsberater, die die Deregulierung vorantrieben. Sperling wurde bis vor Kurzem außerdem heftig dafür kritisiert, dass er als Insider das Anwachsen und schließliche Platzen der Immobilienblase verschlafen habe.

Glaubt man den Mainstream-Experten, spiegelt die Wahl von Daley und Sperling angesichts ihrer Erfahrung und ihres »Pragmatismus« das Bemühen Obamas um spannungsfreie Kooperation mit den Republikanern und seine Kompromissfähigkeit wider. In Wirklichkeit handelt es sich aber um die typische Personalpolitik eines USA-Präsidenten zwei Jahre nach seiner Wahl. Hauptkriterium für seine Personalentscheidungen ist neben der politischen Erfahrung die möglichst große Nähe zu den Geldtöpfen der Wall Street. Denn der Wahlkampf kostet Hunderte Millionen Dollars, und er muss strategisch vorbereitet werden. Dazu passen weitere Personalien. Der 39-jährige Robert Gibbs wird als Obama-Sprecher im Februar ausscheiden und einer seiner Wahlkampfberater werden. Auch der oberste Präsidentenberater David Axelrod wird demnächst aus dem Weißen Haus ausscheiden und in die Wahlkampfvorbereitungen einsteigen.

Unterdessen geißelte der Verbraucheranwalt Ralph Nader, der seit Jahren eine dritte politische Kraft links von Republikanern und Demokraten zu installieren versucht, die Mainstream-Medien als Komplizen der Rechten. Der ultrarechten Tea-Party-Bewegung werde sehr viel mehr Raum gegeben als linken Protesten, kritisierte er zu Recht in der »New York Times«. Aber ebenso wenig sparte Nader mit Kritik an der Obama-freundlichen Linken. Sie sei »orientierungslos«. In diesem Jahr werde sie »an Obama herummäkeln, und im nächsten wird sie das Maul halten«. Dann werde Obama das angeblich kleinere Übel gegenüber einem Republikaner sein.

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