Kehl – Marseille mit dem Schiff

Französische Pläne für neuen Kanal begeistern Häfen am Oberrhein

  • Stefan Tolza, Brüssel
  • Lesedauer: 3 Min.
Große Containerschiffe könnten bald vom Oberrhein dank eines neuen, breiten Kanals direkt ins Mittelmeer fahren. Frankreich prüft derzeit die Realisierbarkeit dieser Pläne.

Frankreich ist dabei, massiv in den Bau neuer Kanäle für die Binnenschifffahrt zu investieren. Die Wirtschaft am Oberrhein könnte davon profitieren. Denn einer der Pläne sieht vor, einen Kanal für große Containerschiffe zwischen dem Rhein beim elsässischen Mülhausen und dem Fluss Saône zu bauen. Die Saône fließt bei Lyon in die Rhône, die sich bei Marseille ins Mittelmeer ergießt.

Doch diese Variante ist nur eine von drei Möglichkeiten, die die Franzosen für eine direkte Anbindung des Mittelmeers an das nordeuropäische Netz der Binnenschifffahrtswege für große Containerschiffe prüfen. Eine zweite sieht einen Kanal zwischen Saône und Mosel vor. Eine dritte ist ein Kanal, der sich von der Saône ausgehend wie ein Y aufteilt und in einem Arm weiter nach Norden zur Mosel, im anderen Arm zum Rhein bei Mülhausen führt.

»Die Häfen am Oberrhein unterstützen natürlich vor allem die Pläne, bei denen ein Kanal von der Saône nach Mülhausen führen soll«, sagt Uli Stichler, technischer Betriebsleiter und stellvertretender Direktor des Rheinhafens Kehl. Denn ein direkter Zugang zum Mittelmeer für große Schiffe brächte für die Oberrheinhäfen nur Vorteile. Statt bislang gleichsam am Ende einer Sackgasse für große Containerschiffe zu liegen, würden Kehl und die anderen Häfen zu Durchgangsstationen zwischen dem Mittelmeer im Süden und der Nordsee im Norden. Fracht könnte aus zwei Richtungen in großen Mengen an die Terminals gelangen. »Wenn es im Norden mal nicht so gut läuft, gäbe es noch den Süden«, bringt Patrick Hell von der Industrie- und Handelskammer Mülhausen die wirtschaftlichen Vorteile für die Oberrheinhäfen auf den Punkt.

Als Franzose verfolgt Hell genau, was Voies Navigables de France (VNF) als größter Betreiber der französischen Binnenwasserstraßen mit direkten Drähten zur Regierung für die Kanäle im Osten plant. Zurzeit ist die Lobby für die Mosel-Variante sehr stark. Der Bürgermeister von Nancy setze sich vehement für diesen Kanal ein.

Aus Sicht der Oberrheinhäfen wäre diese Lösung aber wenig sinnvoll. Denn erstens: »Zwischen Lothringen und Lyon gibt es bereits eine gute Eisenbahnverbindung, die als Alternative für den Gütertransport auf der Straße genutzt werden kann«, so Hell. Eine solche attraktive Schienenverbindung gebe es zwischen Elsass und Lyon nicht. Ein Kanal würde die Möglichkeit eröffnen, auch hier eine Alternative zur Straße für den Gütertransport Richtung Süden zu bieten. Dadurch würden die Straßen von Verkehr, die Umwelt von Abgasen entlastet.

»Und zweitens: Würde nur der Kanal Saône-Mosel gebaut, bliebe der Oberrhein eine Sackgasse. Als Verbindung zum Mittelmeer sei die Mosel-Strecke für den Oberrhein wenig geeignet. »Die Mosel ist stark ausgelastet, Schiffe müssen 30 Schleusen passieren, da sehe ich kein Potenzial«, sagt Hell. »Dann kann man die Schiffe gleich nach Norden, nach Rotterdam oder Hamburg fahren lassen, das ist dann attraktiver«, bestätigt Stichler.

In den kommenden Monaten sollen in Frankreich die Entscheidungen fallen. In diesem Jahr stehen Realisierbarkeitsstudien für die Kanalprojekte an, bis 2012 sollen Kosten-Nutzen-Analysen und Vergleichsstudien vorliegen.

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