Geschafft!

ABGESCHMECKT

  • Heidi Diehl
  • Lesedauer: 2 Min.

Diesmal muss es sein! Bislang habe ich stets einen großen Bogen um sie gemacht. Doch wenn du schon im Herzen Bayerns bist und dann noch in einem urigen Brauhaus, mach ich mir Mut, dann probierst du endlich eine Weißwurst. Schon die Farbe, bei deren Anblick mir wenig Appettitliches einfällt, ließ mich bisher davor zurückschrecken. Und bei der Vorstellung, dass in Hörweite jemand so ein Teil geräuschvoll aus der Pelle zuzelt, läuft es mir eiskalt über den Rücken. Egal: Hier im Brauhaus wirst du alle Vorbehalte vergessen!

Die Wurst kommt und zwar gleich im Doppelpack im lauwarmen Wasser schwimmend. Skeptisch hieve ich sie auf den Teller, ritze die Pelle ein und spieße den ersten Bissen mit süßem Senf – den ich gar nicht mag – auf die Gabel. Gerade als ich sie in den Mund schieben will, saugt – und zwar sehr geräuschvoll – am Nachbartisch ein Herr mit Gamsbart am Hut genüsslich an einer Wurst. Mein Magen hebt sich kurz, doch ich drohe ihm: Wehe! Und schiebe den gräulich-süßlichen Happen in den Mund. Einmal kauen und nochmal und runter damit. – So schlecht schmeckt es gar nicht! Um sicher zu gehen, dass ich mich nicht irre, versuche ich es gleich noch mal. Der Herr nebenan saugt fröhlich weiter. Inzwischen kann ich es verkraften, mein Rücken behält seine Normaltemperatur, auch mein Magen regt sich nicht.

Als der letzte Zipfel verputzt ist, legte ich stolz die Gabel aus der Hand. Geschafft! Endlich habe ich den Weißwurstäquator wirklich überschritten.

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