Auf dem Mekong: Die Entdeckung der Leichtigkeit

Eine Fahrt auf dem Mekong durch Laos führt vorbei an unberührten Landschaften, Dörfern und Höhlen, zu bunten Märkten und imposanten Tempeln

  • Katja Gartz
  • Lesedauer: 6 Min.
Das Schiff bei der Pak-Ou-Höhle nahe Luang Prabang
Das Schiff bei der Pak-Ou-Höhle nahe Luang Prabang

Buddhistische Mönche versammeln sich zum Gebet. Auf dem Markt werden Obst-und Gemüsestände aufgebaut. Ein Tuk-Tuk-Fahrer macht am Straßenrand noch ein Nickerchen. Am Mekong trinken zwei Frühaufsteher ihren Kaffee und schauen aufs Wasser. Träge wälzt sich der braune Fluss an der laotischen Stadt Luang Prabang vorbei.

Nahe der Uferpromenade liegt das kleine Schiff aus Teakholz, die »Mekong Sun«, die uns in den nächsten Tagen auf einem der größten Flüsse durch Laos führt.

In der Altstadt von Loang Prabang suchen einige Bewohner am frühen Morgen einen Platz vor dem buddhistischen Kloster. Gefüllt sind ihre Körbe mit Reis, gedünstetem Fisch im Bananenblatt und verschiedenen Currys. Es ist eine Tradition für die Bewohner wie für die Mönche, die in diesem Moment in ihren leuchtend orangenen Gewändern aus dem Kloster kommen und ihren alltäglichen Almosengang beginnen. »Almosen einsammeln ist ein uraltes buddhistisches Ritual und für gläubige Menschen die Essensspende eine ehrenvolle Aufgabe«, sagt der Mönch Phra Sombath Sommepanno, während die Bewohner kleine Portionen in die Almosenschalen füllen. Für Mönche ist es verboten, für Geld zu arbeiten. Doch die Essensspende ist mehr als eine Tat der Barmherzigkeit. Sie soll für gutes Karma sorgen und die Chance auf eine bessere Wiedergeburt erhöhen.

Tipps
  • Flussreise: Lernidee Erlebnisreisen bietet mehrere Flusskreuzfahrten auf dem Mekong an. Die Reisen verlaufen von Nordthailand durch Laos und Kambodscha und auf dem südlichen Mekong durch Vietnam und Kambodscha. (15 oder 17 Tage, ab 4300 Euro, inkl. Flug. Das Schiff bietet 15 Kabinen und Platz für 29 Gäste. www.lernidee.de
  • Literatur: Stefan Loose Reiseführer Südostasien, Die Mekong-Region: Thailand – von Bankok in den Norden. Laos. Kambodscha. Vietnam. DuMont Reiseverlag, 2019.

Der Almosengang bleibt den Besuchern nicht verborgen. Auch wir schauen der Zeremonie zu. »Viele Touristen verhalten sich nicht respektvoll, machen Selfies mit den Mönchen, fotografieren und stören unseren Almosengang«, berichtet Sommepanno, der seit 20 Jahren im Kloster lebt. Familien, die sich Schulgebühren nicht leisten können, geben ihre Kinder ins Kloster, damit sie von den Mönchen etwas lernen. Sie unterrichten Mathematik, Englisch und andere Fächer. Aber auch ältere Menschen, die keine Familie haben, können zu den Mönchen gehen. Andere suchen Ruhe oder möchten das Leben im Kloster kennenlernen. Wie der Alltag bei ihnen aussieht, postet der Mönch auf Facebook.

Während für die Kinder im Kloster der Unterricht beginnt, schlendern wir an kleinen Hotels, gemütlichen Restaurants und schönen Geschäften vorbei und stärken uns in einem der vielen Cafés. Goldene Tempel, weiße Kolonialfassaden und ein Lebenstempo, so entspannt wie der Takt der Morgentrommeln, sorgen für das besondere Flair, das Reisende in die ehemalige Königsstadt mit der Unesco-geschützten Altstadt zieht. Mittendrin thront der einstige Königspalast, der heute ein Museum beherbergt. Nicht weit davon entfernt steht der Wat Xieng Thong, der älteste und bedeutendste Tempel von Luang Prabang. Der Gipfel des Hausberges Phosy Mountain eröffnet einen spektakulären Blick auf die Altstadt, den Mekong, den Khan-Fluss und die umliegenden Berge.

Bevor es auf das Schiff geht, lassen wir uns die Märkte nicht entgehen, auf denen sich Laos besonders ursprünglich zeigt. Auf dem Morgenmarkt verkaufen Händler Bambusratten und Schlangen, Frauen aus den umliegenden Dörfern frisches Obst, Gemüse, getrocknete Flussalgen, Hühnerknorpel, Heuschrecken und aufgerollte Büffelhaut. Baguette und Croissants erinnern an die französische Kolonialzeit. Besonders beliebt, nicht nur bei Laoten, ist der Nachtmarkt in der Nähe des Königspalastes. Zwischen Suppenküchen, gebratenem Wasserbüffelfleisch und Reisgerichten gibt es Kleidung, Tees, Kaffee, Schmuck und Kunsthandwerk aus Holz. Die Atmosphäre ist entspannt, gedrängelt wird nicht. Ganz nach einem alten laotischen Sprichwort: »Weise hasten nicht und Hastende sind selten weise.«

nd.DieWoche – unser wöchentlicher Newsletter

Mit unserem wöchentlichen Newsletter nd.DieWoche schauen Sie auf die wichtigsten Themen der Woche und lesen die Highlights unserer Samstagsausgabe bereits am Freitag. Hier das kostenlose Abo holen.

Am nächsten Morgen heißt es Leinen los auf der »Mekong Sun«. Unsere laotische Crew begrüßt uns mit »Sabeidee«, was übersetzt bedeutet »die Leichtigkeit ist gut«. Diese Leichtigkeit wird uns auf unserer Reise durch Laos immer wieder begegnen.

Breit und mächtig fließt der Mekong gen Süden. An den Ufern wachsen Palmen, Bananenplantagen, weiter oben Reisfelder und Teakholzbäume, ansonsten überzieht ein tropisches Grün die Berge. Der Name Mekong steht für »Mutter allen Wassers«. Der Fluss ist die Lebensader Südostasiens und Transportweg für Millionen Menschen. Er bringt Arbeit und Nahrung in viele Länder und ist mit 4600 Kilometern einer der längsten Flüsse der Welt. Der Mekong fließt aus den Bergen Tibets durch China, um dann Myanmar, Laos, Thailand und Kambodscha mit Wasser, Sediment und Fischreichtum zu versorgen und schließlich in Vietnam im Mekong-Delta ins Südchinesische Meer zu münden. Über 800 Kilometer bildet der Mekong die Grenze zwischen Laos und Thailand. Während am thailändischen Ufer viele moderne Bauwerke stehen, finden sich auf der laotischen Seite immer wieder traditionelle Dörfer.

Wir fahren weiter an der tropischen Landschaft vorbei, an kleinen Gemüsegärten, einigen Wasserbüffeln am Ufer und Fischern, die in ihren langen schmalen Holzbooten auf einen guten Fang hoffen. Einer von ihnen ist Selisack Vanhuasin. Zweimal am Tag fährt er hinaus und das seit zwanzig Jahren. Er arbeitet auch noch als Lehrer an der Grundschule seines Dorfes, doch am liebsten geht er Fischen. Heute hat Vanhuasin kein Glück, nur fünf kleine Fische. »Immerhin, die reichen für meine Familie zum Abendessen mit Reis, Soße und dazu Reisschnaps«, sagt er. Die von China gebauten Staudämme, die in Laos vor allem Strom für Thailand produzieren, verhindern das Wandern der Fische und den Fluss der Sedimente. Das angrenzende Land wird weniger fruchtbar, der Ackerbau leidet und die Netze der Fischer bleiben leer.

Auf dem Mekong ist wenig Verkehr. An Deck den Blick in die Weite dieser einzigartigen Flusslandschaft schweifen zu lassen, ist Entspannung pur. Wir besuchen die in einem Felsen verborgenen Pak-Ou-Höhlen mit Tausenden von kleinen Buddha-Statuen und fahren weiter flussabwärts. Unsere nächste Station ist das Naturschutzgebiet Tat Kuang Si Park. Hier ist Zeit für eine Abkühlung im türkisblau leuchtenden Wasser zwischen den Kaskaden der Kuang-Si-Wasserfälle.

Später legen wir bei Sonnenuntergang an einer Sandbank an. Mit den Füßen im Sand gibt es gegrillten Fisch, das Nationalgericht Laap, ein frisch-scharf-säuerlich schmeckender Salat aus gehacktem Fleisch und Fisch, Reis und Gemüse. Einige Crew-Mitglieder trommeln und singen laotische Lieder dazu. Auch ein paar Gäste schnappen sich die Gitarre, es wird ein langer, lustiger Abend am Lagerfeuer. »Eine Flusskreuzfahrt auf dem Mekong war immer mein Traum, ich habe immer an das alte Indochina gedacht und wollte erleben, wie es hier heute ist«, sagt Thomas Diekmann aus Stuttgart. Auch das für eine Kreuzfahrt kleine Schiff in schönem Kolonialstil, die tolle Crew und die vielen Stationen machen die Reise nicht nur für ihn zu einem besonderen Erlebnis.

Der Verlauf des Flusses ändert sich ständig und auch der Wasserstand im Wechsel von Regen- und Trockenzeit. Aber wegen der heftigen Schwankungen durch die Staudämme ist der Effekt größer geworden. Kapitän Huan Chithathaphon ist seit 55 Jahren auf dem Mekong unterwegs, er kennt jede Sandbank, jede Stromschnelle. »Hier hilft nur Erfahrung, ein GPS nützt nichts«, sagt er. Doch die schwankenden Wasserstände seien zunehmend eine Herausforderung.

In der Hauptstadt Vientiane geht unsere Reise mit dem Besuch des golden stralenden Nationalheiligtums That Luang zu Ende. Seine spirituelle Bedeutung ist kaum zu überschätzen. Buddha selbst soll den Ort besucht und den Bau eines Reliquienschreins vorhergesagt haben.

Die Recherche wurde unterstützt von Lernidee Erlebnisreisen.

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal