SPD sucht den Superkandidaten

Vier Sozialdemokraten wollen in Schleswig-Holstein Ministerpräsident werden – Basis entscheidet

  • Dieter Hanisch, Kiel
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Suche der SPD in Schleswig-Holstein nach ihrem Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2012 nähert sich dem Ende. Heute steht die letzte der insgesamt 16 Vorstellungsrunden an der Basis und bei den Arbeitsgemeinschaften der Partei an. Bei der dann folgenden Urabstimmung dürfte es ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem Partei- und Fraktionsvorsitzenden Ralf Stegner und dem Kieler Oberbürgermeister Torsten Albig geben.

Die Partei fühlt sich gerüstet für die Ablösung der schwarz-gelben Regierung im hohen Norden. Bei der Landtagswahl 2009 wurde sie noch als Teil der Großen Koalition abgestraft und aus der Regierungsverantwortung gejagt. Doch derzeit ruft Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) so viel Unmut hervor, dass die Sozialdemokraten in der Wählergunst wieder aufholen. Und die vom Landesverfassungsgericht angeordnete vorgezogene Landtagswahl rückt näher, auch wenn der genaue Termin immer noch nicht feststeht.

Willy Brandt zitieren die Sozialdemokraten in diesen Monaten nur allzu gerne. Dessen Slogan »Mehr Demokratie wagen« bekommt für die Schleswig-Holsteiner Genossen plötzlich Programmcharakter. 7000 Mitglieder gingen seit 2000 verloren und noch viel mehr Wähler. Umso sorgfältiger geht nun die Suche nach dem Kandidaten für den Posten des Ministerpräsidenten von statten. Wer in der bald beginnenden schriftlichen Befragung der rund 20 000 Mitglieder die Nase vorn hat, der soll auf dem nächsten Parteitag nominiert werden als Herausforderer von Christian von Boetticher. Der dürfte bereits in Kürze Carstensen als Ministerpräsidenten beerben, denn immer öfter ist zu hören, dass auch Carstensen »amtsmüde« sei.

Die ersten Gesprächsrunden zwischen Stegner, Albig und den weiteren Kandidaten Brigitte Fronzek (Bürgermeisterin in Elmshorn) und Mathias Stein (Personalrat und Gewerkschaftsaktivist in Kiel) waren wesentlich harmonischer als die letzten. Albig, dem es immer noch viele übel nehmen, dass er sich für die öffentliche Verkündung seiner Gegenkandidatur zu Stegner ausgerechnet den »Focus« ausgesucht hatte, versucht es mit staatstragenden Reden und Krawatte; Stegner, dem seit seiner persönlichen Dauerfehde mit Carstensen das Image des finsteren Bösewichts anhaftet, mimt den lockeren Typen und lässt die Fliege zu Hause, die jahrelang sein Markenzeichen war.

Inhaltlich unterscheiden sich beide wenig und sprechen viel über Bildung. Doch während plötzlich eine konservative Gruppierung vom »Seeheimer Kreis«, wie man sie bisher in dem »linken« Landesverband nicht kannte, Albig unterstützt, nutzt Stegner seinen Bonus als Berufspolitiker und Mitglied des Bundespräsidiums. Stegner kann omnipräsent sein und macht Termine mit bundespolitischen Weggefährten wie Hannelore Kraft oder dem Vorsitzenden der sozialistischen Fraktion im Europaparlament, Martin Schulz, während Albig als OB seine Ambitionen in der eigenen Partei nur als Feierabend- und Hobbypolitiker gestalten kann.

Stegner versäumt es nicht, Peer Steinbrück zu tadeln, für den Albig in dessen Zeit als Bundesfinanzminister tätig war. In seinen Reden zieht er immer wieder die SPD-Ahnentafel heran von Jochen Steffen bis Johannes Rau, von Björn Engholm bis Heide Simonis. Widersacher Albig kontert mit einer Generalabsage an eine Zusammenarbeit mit der LINKEN. Die will Stegner wiederum durch überzeugende sozialpolitische Inhalte möglichst aus dem Landtag heraushalten.

Die Anhänger Stegners und die Anhänger Albigs in der Partei entfernen sich mehr und mehr voneinander. Als Parteisprecher Amin Hamadmad Stegner mit einem Leserbrief unterstützt, in dem er sich über eine Berichterstattung aufregt, wird deutlich: Der Findungsprozess könnte auch die Partei zerreißen. Ab dem 11. Februar hat es nun die Basis in der Hand. Am 27. Februar wird ausgezählt.

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