Tunesien entschädigt Opfer der Unruhen

Übergangsregierung stellt Gelder bereit / Belgien beschlagnahmte Konten von Getreuen des gestürzten Präsidenten

  • Lesedauer: 2 Min.
Drei Wochen nach dem Sturz des tunesischen Präsidenten Zine el Abidine Ben Ali hat die Übergangsregierung damit begonnen, die Opfer der vorangegangenen Unruhen und ihre Angehörigen zu entschädigen.

Tunis (Agenturen/ND). Für Todesopfer der Proteste gegen Ben Ali würden je 20 000 Dinar (10 300 Euro) und für Verletzte jeweils 3000 Dinar als Entschädigung gezahlt, teilte die Übergangsregierung von Ministerpräsident Mohammed Ghannouchi in einer Erklärung mit. Nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur TAP wurden als Erste die Familien von Todesopfern und Verletzten bei den regierungskritischen Protesten in Ben Arous, einem südlichen Vorort der Hauptstadt Tunis, entschädigt.

Der Leiter der Tunesien-Mission der UNO-Menschenrechtskommission, Bacre Ndiaye, hatte zuvor bei einer Pressekonferenz erklärt, im Zuge der Proteste in Tunesien seien mindestens 219 Menschen getötet und 510 weitere verletzt worden. Von den Todesopfern starben demnach 147 bei Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften und 72 weitere in Gefängnissen.

Der tunesische Staatschef Ben Ali war am 14. Januar nach wochenlangen Protesten gestürzt worden. Die Übergangsregierung sicherte zu, den Übergang zur Demokratie und die Organisation von Wahlen sicherzustellen.

Unterdessen machen sich junge Tunesier im Internetportal Facebook über Ägyptens Präsident Husni Mubarak lustig. In zahlreichen Beiträgen wurde angemerkt, dass Tunesiens Staatschef kurz vor seinem Sturz genau die gleichen Ankündigungen gemacht hatte wie Mubarak. Auch Ben Ali habe dem Volk versprochen, sich nicht wieder zur Wahl zu stellen. Wenig später sei er dann aus dem Land geflohen. »Mubarak, Ben Ali erwartet dich in Saudi-Arabien«, kommentierte ein Internetnutzer unter Anspielung auf den Aufenthaltsort des tunesischen Ex-Diktators. Die Fotomontage eines Facebook-Nutzers zeigte Mubarak, Ben Ali sowie den Algerier Abdelaziz Bouteflika und Libyens Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi als obdachlose Bettler.

Die belgische Justiz hat mehrere Konten von Personen aus dem Umfeld des gestürzten tunesischen Präsidenten Ben Ali beschlagnahmt. Zudem solle ein Gebäude in Brüssel beschlagnahmt werden, sagte die Brüsseler Staatsanwältin Laure du Castillon. Es gehe um den Verdacht der Geldwäsche. Zu Wochenbeginn hatten die EU-Außenminister beschlossen, die Konten von Ben Ali selbst und seiner Frau Leïla Trabelsi in der Europäischen Union einzufrieren. Zuvor hatte die tunesische Justiz einen internationalen Haftbefehl ausgestellt, weil sich das Paar illegal bereichert und Geld ins Ausland geschafft haben soll.

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