Irrwege zum Kommunismus
Sohn des KPD-Chefs Reimann zieht sich zurück
Die Kommunismusdebatte ist abgeflaut. Doch in brandenburgischen Landkreis Dahme-Spreewald bewegt sie noch immer die Gemüter. Der alte LINKE-Kreisvorsitzende Michael Reimann stellte nach sieben Jahren im Amt überraschend die Vertrauensfrage. Er begründete dies indirekt mit Unzufriedenheit über die Äußerungen von Bundesparteichefin Gesine Lötzsch. Die Sache hat Pfiff, weil Michael Reimanns Vater Max der letzte KPD-Vorsitzende war, bevor die Kommunistische Partei Deutschlands verboten wurde.
Michael Reimann wuchs in der DDR auf und lehnt ausdrücklich jede Art von Diktatur ab. Für ihn ist es »unverzichtbar«, gegen Stalinismus vorzugehen – und wenn keiner mitziehe, dann tue er es allein, sagte Reimann. Er wünsche sich den demokratischen Sozialismus. Das bekräftigte Reimann am Sonnabend, als im Dorfgemeinschaftshaus Diepensee sein Nachfolger gewählt wurde. Mit seinem Rücktritt am 11. Januar hatte Reimann den Weg zu diesem außerplanmäßigen Kreisparteitag frei gemacht. Ursprünglich wollte er sich hier zur Wiederwahl stellen.
Doch kurzfristig entschied sich Reimann, auf eine erneute Kandidatur zu verzichten. Er wäre nur angetreten, wenn ihm eine deutliche Mehrheit gewinkt hätte, erläuterte er. Doch Reimann fürchtete, dass sich zwei etwa gleich große Lager bilden. Er wolle den Kreisverband nicht zerreißen, sagte er. Darum nehme er sich jetzt eine »Auszeit«. Parteimitglied, auch Kreistagsabgeordneter und Stadtverordneter in Königs Wusterhausen werde er bleiben. Er erinnerte noch an das »fatale KPD-Verbot«, für dessen Aufhebung er sich einsetze. Das Verbot zeige, wozu es führen könnte, wenn die LINKE den Kommunismus als Ziel in ihr Programm schreiben würde.
Die Kommunismusdebatte sei vor dem Rücktritt Reimanns im Kreisvorstand kein Thema gewesen, erzählte sein bisheriger Stellvertreter Alexander Helbig. Also könne sich Reimann nicht darauf berufen, dies sei die Ursache seines Rücktritts. Mit 47 von 56 Stimmen kürten die Delegierten Helbig zum einstweiligen Kreisvorsitzenden. Er will es aber nur bis zum November machen. Dann wird der Kreisvorstand turnusgemäß komplett neu gewählt.
Etliche Kreisvorständler nennen als eigentlichen Grund für Reimanns Rücktritt persönliche Differenzen. Sie werfen ihm vor, einsame Entscheidungen getroffen zu haben. Sein Arbeitsstil sei nicht davon geprägt gewesen, gemeinsam um den Erfolg zu ringen. Es gebe keinen politischen Hintergrund des Zerwürfnisses.
Doch Michael Reimann muss sich auch Kritik anhören, weil er im vergangenen Jahr entgegen der Linie der Linkspartei für die Wahl des früheren Stasi-Bundesbeauftragten Joachim Gauck zum Bundespräsidenten plädiert hatte. Er sieht es heute als »Riesenfehler«, dass die LINKE den konservativen Politiker Christian Wulf zum Präsidenten machte, indem sie Gauck ihre Unterstützung versagt habe.
Aber das sei doch ein politisches Thema, bemerkte ein Genosse. Zudem registrierte er ein echtes Bedürfnis der Basis, über Gesine Lötzschs Äußerungen zu reden, selbst wenn nicht alle dabei Reimanns Kritik teilen. Der Kreisvorstand habe aber keine Zeit dafür gehabt, weil er ja damit beschäftigt gewesen sei, gegen den Kreisvorsitzenden zu putschen.
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