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Movies und Moral

  • Kira Taszman
  • Lesedauer: 2 Min.

Früher gab es auf der Berlinale stets nette junge Menschen, die Festival-Gänger mit Präsenten erfreuten. Vor und in den Kinos wurden Kosmetika- oder Tabakprodukte verteilt. Fernseh- und Radiosender sowie Zeitungen vergaben gratis Süßigkeiten, Stifte, Blöcke oder Kondome, auf denen das Logo ihres Mediums abgebildet war. Ein Berlinale-Sponsor mit einer Vorliebe für die Farbe Orange spendete Berlinale-Teilnehmern neben Schreibutensilien auch kleine Gummimännchen für Kinder.

In diesem Jahr sucht man solche Geschenke vergebens. Werbung ist verpönt, Moral ist »in«. Man bekundet – sehr zu Recht – Solidarität mit dem vom iranischen Regime verurteilten und an der Ausreise gehinderten Juror Jafar Panahi. So erscheint eine überregionale Berliner Tageszeitung in Grün – die Farbe der iranischen Oppositionsbewegung – oder halten deutsche Filmschaffende Soli-Aktionen zu Ehren des iranischen Regisseurs ab.

Doch man erkennt noch weitere politisch engagierte Ansätze und Aktionen auf dem Festival. Da wäre zum Beispiel der diesjährige Wasserlieferant, die Hamburger Initiative »Viva con agua«. Mindestens 60 Prozent aus dem Erlös dieses Wassers gehen an Trinkwasserprojekte der Welthungerhilfe. Social Business Modell nennt sich diese eben nicht nur profitorientierte Geschäftsinitiative. Ihr Anliegen ist es, nach eigenen Angaben, »die Versorgung mit sauberem Trinkwasser und sanitären Anlagen in Entwicklungsländern nachhaltig zu verbessern.« Mehr über diese lobenswerte Initiative erfährt man auf der Internetseite www.vivaconagua.com – und für sie zu werben, lässt sich besten Gewissens verantworten.

In den Gängen des Festival-Spielorts Urania wiederum kann man vor oder nach den Filmvorführungen eine Öko-Videoinstallation begutachten. Unter dem Titel »Oil Spill – The Human Überfluss« verweist sie in experimenteller Weise auf die Folgen des BP-Öldesasters im Golf von Mexiko für die Tierwelt. So suchten sich die Künstler Jo Blankenburg und Andy Fox sieben so genannte »Opfer« aus und begossen die nur mit einem Bikini bekleideten jungen Frauen mit neun Liter Kunstöl (acht Liter Wasser, ein Liter Speiseöl und schwarzer Farbstoff). In Zeitlupe kann man die per Kamera festgehaltenen Abwehr-Reaktionen der immer schwärzer werdenden »Versuchskaninchen« beobachten. So soll das Leiden der Vögel während der Öl-Katastrophe für die Menschen nachvollziehbar gemacht werden. Das Experiment ist geglückt, auch wenn es bedenklich ist, dass die Probandinnen im Vorfeld nicht über die Details des Experiments instruiert wurden. Bis zum 20. Februar läuft die Installation.

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