Mit 16 Jahren das Kreuz machen

Rot-Rot geht bei Wahlalter und Kennzeichnungspflicht weiter als FDP und CDU

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Landtag nimmt Kurs auf eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten und auf eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Zwar stehen beide Vorhaben im Koalitionsvertrag der rot-roten Regierung, doch gehen die konkreten Initiativen auf Vorschläge der Opposition zurück.

Der Abgeordnete Hans-Jürgen Scharfenberg (LINKE) nannte es gestern »überraschend«, dass ausgerechnet die CDU die polizeiliche Kennzeichnungspflicht in einem eigenen Gesetzentwurf angeregt hatte. Mit derlei Anliegen sei diese Partei andernorts nicht in Erscheinung getreten, und in Berlin habe die CDU die Einführung der Kennzeichnungspflicht sogar energisch verhindern wollen. Darin sei erkennbar, dass sich die CDU »von keinen inhaltlichen Linien mehr leiten lässt« und auf einen auf Außenwirkung berechneten »Aktionismus« setze. Nichtsdestotrotz begrüße die Koalition das Anliegen und werde es – um eigene Passagen erweitert – unterstützen. Zum Stil von Rot-Rot gehöre es, begrüßenswerten Anliegen nicht etwa nur deshalb den Weg zu versperren, weil sie von der Opposition stammen.

SPD und LINKE planen die grundsätzliche namentliche Kennzeichnung für Polizisten im Einsatz. Über Ausnahmen soll der Innenminister in einem Erlass entscheiden können. Scharfenberg verwies auf Berlin, wo die Kennzeichnungspflicht inzwischen per Verordnung des Polizeipräsidenten eingeführt sei und wo Polizisten in geschlossenen Formationen eine Nummer tragen. Dabei handle es sich keineswegs um einen Misstrauensbeweis, betonte er. Die Namensschilder werden zur Bürgernähe der Polizei beitragen und als Vertrauensbeweis wirken, erwartet Scharfenberg.

Die Gewerkschaft der Polizei ist gegen Namensschilder, ebenso sind es die beiden Landtagsabgeordneten Andreas Bernig und Jürgen Maresch von der Linksfraktion. Das räumte Scharfenberg ein. Allerdings habe die Gewerkschaft ihre Vorbehalte nicht begründen können, meinte er.

Da sich auch Grüne und FDP für die Kennzeichnung ausgesprochen haben, wird eine breite parlamentarische Mehrheit für das Anliegen erwartet. Linksfraktionschefin Kerstin Kaiser erläuterte, einen Fraktionszwang bei Abstimmungen gebe es bei den LINKEN nicht. Auch früher sei es schon vorgekommen, dass einzelne Abgeordnete anders abstimmten als die Mehrheit.

Der Gesetzentwurf der FDP, wonach das Wahlrecht bei Kommunalwahlen schon ab 16 Jahren gewährt werden soll, wird durch die Koalition um das Anliegen erweitert, 16- und 17-Jährige auch bei der Landtagswahl abstimmen zu lassen. Dies ist bisher sonst nur in Bremen erlaubt. Die LINKE traut Jugendlichen verantwortungsvolles Handeln zu. Für den Landtag zu kandidieren, sollte Kaiser zufolge jedoch Volljährigen vorbehalten bleiben, weil ein Mandat »mit erheblichen Anforderungen verbunden« sei. Auch SPD-Fraktionschef Ralf Holzschuher unterstützte das aktive Wahlrecht und sagte, dass es konsequenterweise auf Bundestagswahlen ausgedehnt werden müsste. Das aber sei Angelegenheit des Bundes.

Die FDP-Abgeordnete Linda Teuteberg verschloss sich der Erweiterung ihres Antrags zwar nicht gänzlich, wollte aber vor einer endgültigen Stellungnahme die bevorstehende Anhörung von Fachleuten abwarten. Während mit dem kommunalen Wahlrecht in einigen Bundesländern gute Erfahrungen gesammelt worden seien, gelte das für das Wahlrecht auf Landesebene nicht, weil die Bürgerschaft in Bremen erst im Sommer gewählt werde. Teuteberg gab zu bedenken, dass die Verfassung geändert werden müsste und dafür eine breite Mehrheit im Parlament wünschenswert sei.

Zustande käme diese Mehrheit schon mit den Grünen, die in der Sache am weitesten vorpreschen. Laut Fraktionschef Axel Vogel treten die Grünen für das aktive und passive Wahlrecht der 16- und 17-Jährigen bei Landtagswahlen ein.

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