Nachtflug: SPD-Politiker rügt die SPD

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Schönefeld (dpa). Im Streit über das Nachtflugverbot am künftigen Großflughafen in Schönefeld hat der SPD-Landtagsabgeordnete Christoph Schulze die eigene Fraktion massiv angegriffen. Sie wolle, so wie auch CDU und FDP, für die Anhörung im Landtag ausschließlich Vertreter von Wirtschaftsinteressen einladen, die jegliche Form von Nachtflugverboten ablehnen, schreibt Schulze in einem offenen Brief. »Ich bin überrascht und aufs Peinlichste berührt.«

Zu Schulzes Wahlkreis gehören die vom Flughafen besonders betroffenen Gemeinden Blankenfelde-Mahlow und Rangsdorf. Der 45-Jährige wohnt in Zossen. Im Landtag sitzt er seit 1990. Von 2004 bis 2009 war er Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion. Sein Schreiben richtete Schulze an den Fraktionsvorsitzenden Ralf Holzschuher und an den übrigen Vorstand. Schulze fragt: »Was ist aus der SPD als basisorientierter Bürgerrechtspartei geworden, was ist aus den Versprechungen von Matthias Platzeck und anderen Leuten aus der SPD geworden, sich nun mal ernsthaft um die Probleme der Betroffenen zu kümmern?« Wenn die Oppositionsfraktionen CDU, FDP und Grüne für die Anhörung neun, die Regierungsfraktionen SPD und LINKE aber nur drei Anzuhörende benannt haben, sei das ein Skandal und Offenbarungseid. Der Brief schließt mit dem Satz: »In Wirklichkeit interessiert Euch doch das Schicksal der vom Fluglärm betroffenen Bürger und das Schicksal der Kommunalpolitiker und der SPD-Mitglieder hier vor Ort überhaupt nicht.«

Schulz zufolge will die SPD-Fraktion zu der Anhörung am 7. April den Flughafengeschäftsführer Rainer Schwarz und den Landrat des Kreises Dahme-Spreewald, Stephan Loge (SPD), einladen. Zu den Kandidaten von CDU und FDP gehören demnach der Chef der Fluggesellschaft Air Berlin, Joachim Hunold, sowie Vertreter der Lufthansa, der Pilotenvereinigung Cockpit und von Unternehmerverbänden.

Die Bürgerinitiative »Fluglärmfreie Havelseen« sprach mit Blick auf die Anhörung von einer Farce, deren Ergebnis schon jetzt feststehe. Nur die LINKE und die Grünen haben laut Bürgerinitiative neutrale Experten beziehungsweise Kritiker eines Nachtflugverbots benannt. Damit habe sich der Landtag längst gegen die Nachtruhe der von Lärm Betroffenen entschieden. Denen bleibe jetzt nur das Mittel der Volksinitiative und eine härtere Gangart bei Großdemonstrationen.

Nach Ansicht der Grünen sollten Nachtflüge von 22 bis 6 Uhr verboten sein. Das Bundesverwaltungsgericht hat ein eingeschränktes Nachtflugverbot verfügt, das Flüge in den Zeiten von 22 bis 24 Uhr und von 5 bis 6 Uhr zulässt. Die Wirtschaft ist gegen ein striktes Verbot, weil auch Nachtflüge gebraucht würden und der Flughafen aus ihrer Sicht sonst international nicht wettbewerbsfähig wäre. Bürgerinitiativen bereiten die nächste Großdemonstration für den 12. März vor.

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