PLATTENBAU

  • Knut Henkel
  • Lesedauer: 3 Min.

Normalerweise nehmen Geburtstagskinder Geschenke entgegen. Cesária Évora verteilt welche. Rechtzeitig vor ihrem 70. Geburtstag hat die Sängerin von der Kapverdeninsel São Vicente mit Freunden und Bekannten eine Platte zusammengestellt. Und schon die Liste der Sänger und Sängerinnen zeigt, wo sich die Königin der Morna, wie die schwermütigen Balladen von den Inseln genannt werden, verortet – in Afrika.

Ihren Superhit »Sodade« hat sie mit dem angolanischen Sänger Bonga Kuenda interpretiert – ein Fest für die Ohren. Die relativ hohe Stimme der barfüßigen Diva, wie Cesária Évora gern genannt wird, steht im spannende Kontrast zu dem rauen, spröden Organ des angolanischen Volkshelden. Eine weitere Perle ist »Afrika Nossa«. Das Stück, mit Weltmusikstar Ismaël Lô aus Senegal gesungen, gehört zu den herausragenden Stücken des Albums.

Eine Retrospektive von 23 erfolgreichen Bühnenjahren – mit Bedacht hat Cesária Évora ihre Mornas und die etwas beschwingteren Coladeiros ausgewählt. Viele davon hat sie in den Kneipen, Bars und Clubs ihrer Heimatstadt Mindelo gesungen – bis sie der in Paris lebende Produzent José Da Silva entdeckte und die Frau mit der klaren, markanten Stimme erst in Frankreich, dann darüber hinaus zum Star machte.

Der Erfolg ist der einfachen Frau nie zu Kopf gestiegen. Als Botschafterin der Vereinten Nationen setzte sie ihre Popularität als Stimme der Kapverden weltweit ein, um für Kinder- und Menschenrechte zu werben. Dabei hatte sie nicht nur die Situation in der Inselrepublik der Kapverden vor Augen, sondern auch die im benachbarten Afrika oder in Lateinamerika. Kein Wunder, denn mit Chucho Valdés, der Jazz-Ikone aus Kuba, hat sie genauso Aufnahmen eingespielt wie mit der längst verstorbenen Son-Legende Compay Segundo. Die finden sich ebenso auf der Jubiläums-CD wie die mit den brasilianischen Freunden – von Marisa Monte bis Caetano Veloso.

Allerdings wäre die warmherzige Diva nicht sie selbst, wenn sie dem Nachwuchs nicht auch eine Chance eingeräumt hätte. Zu ihrer Statthalterin könnte irgendwann Lura werden. Die in Lissabon geborene Sängerin gehört der neuen Generation an, fusioniert den Sound der Inseln mit modernen Klängen und hat wenig Berührungsängste. Die kann man auch der Grand Dame der Kapverden nicht nachsagen. So hat sie für den legendären Filmkomponisten Goran Bregovic gearbeitet, mit Italiens Popbarden Adriano Celentano und der US-Gitarristin Bonnie Raitt.

Am intensivsten klingt Cize, wie sie von Freunden genannt wird, wenn sie mit einem von diesen – etwa mit Salif Keita aus Mali – auf der Bühne steht. Dann läuft sie zu Hochform auf.

Cesária Évora: Cesária Évora & ... (Lusafrica/ RCA/Sony)

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