Bier der Zukunft kommt aus Berlin

Wissenschaftler der Technischen Universität haben ein Verfahren für alkoholfreie Produktion entwickelt

  • Andrea Barthélémy, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Das perlt, aber steigt nicht zu Kopf: Das Bier der Zukunft hat weniger Alkohol, sagen Experten. Berliner Wissenschaftler haben ein neues Verfahren zur Herstellung von alkoholfreiem Bier entwickelt. Das soll nun schmecken wie »echt«.

So richtig nach Bier soll es schmecken – ohne faden Beigeschmack und den verräterischen, intensiven Würze-Geruch, den viele alkoholfreie Biere bislang haben. Nach mehrjähriger Forschung haben Wissenschaftler der TU Berlin nun ein neues Herstellungsverfahren für alkoholfreies Bier entwickelt, das diese Anforderungen erfüllen soll. »Der Schlüssel dazu ist eine ganz spezielle Kombination von Mikroorganismen, von Hefepilzen und Milchsäurebakterien«, berichtet Prof. Frank-Jürgen Methner vom TU-Fachgebiet Brauwesen. Mehr Details verrät er nicht – denn das Patent ist schon vergeben. Im April kommt das neue Bier fast ohne Alkohol, aber mit »echtem« Geschmack auf den Markt. Vollmundig, frisch und mit der typischen markanten Bitternote, so schmeckt nach Worten Methners das Ergebnis nach dem nur drei- bis viertägigen Gärprozess, den der Mikroorganismen-Cocktail in Gang setzt.

»Es gibt kein einheitliches Verfahren zur Herstellung von alkoholfreiem Bier. Am gängigsten ist bislang die Methode, die Gärung künstlich frühzeitig zu stoppen. Dadurch behält das Bier jedoch oft diesen würzehaltigen Charakter«, erklärt der Experte. Zum Vergleich: Der Gärprozess für Biere mit Alkohol dauert fünf bis sieben Tage.

»Alkohol ist ein Geschmacksträger. Wird bei der Gärung aber nur wenig Alkohol gebildet, entstehen auch dementsprechend weniger Aroma-Stoffe. Die wissenschaftliche Herausforderung bestand für uns darin, trotz des geringen Alkohols viele Aroma-Stoffe entstehen zu lassen«, sagt Methner. Diesen Job erledigen nun die Hefepilze und Milchsäurebakterien, die nach dem Reinheitsgebot zulässig sind. Der Rest wie üblich: Hopfen, Gerstenmalz und Wasser. Nach höchstens vier Tagen ist das neue Bier fertig: »In dieser Zeit haben die Mikroorganismen alles vergoren, was sie vergären können.« Das sind nämlich nur bestimmte Zucker im Malz. Auch die biertypischen Aromen sind dann erzeugt, bei einem Alkoholgehalt von nur 0,2 bis 0,4 Prozent. So viel darf ein alkoholfreies Bier haben.

Alkoholarme Biere, weniger herb und obergärig, sind nach Einschätzung Methners der Zukunftstrend: »Das Thema Gesundheit wird für alle ganz groß.« Bier habe da durchaus etwas zu bieten, es enthalte viele Vitamine, Mineralien, Aminosäuren, auch Stoffe wie Polyphenole, die möglicherweise krebsvorbeugend wirken. »Vor allem alkoholfreie Sorten haben viel Folsäure«, sagt der Berliner Braufachmann, der einen der nur zwei Lehrstühle in Deutschland inne hat. Aber auch eine größere Geschmacksvielfalt sei gefragt. Die gelte es weiter herauszuarbeiten – unter Verzicht auf Zusätze natürlich.

Diese Profilierung ist wichtig, denn der Bierdurst der Deutschen sinkt seit Jahren: Trank man in den 80er Jahren noch 145 Liter pro Kopf jährlich, so waren es 2010 nur etwa 108 Liter, meldet der Deutsche Brauer-Bund. Beim alkoholfreien Bier jedoch sehen die Brauer einen Zuwachs, auf immerhin drei Prozent vom Gesamtmarkt. Konstant bleibt hingegen die Nachfrage nach Studienplätzen. An der TU starten im Fachgebiet jedes Jahr rund 50 Erstsemester. »Die Brauereitechnologie ist in Deutschland immer noch eine Männerdomäne«, räumt Methner ein. »Aber der Frauenanteil steigt und liegt bei uns nun bei etwa 15 Prozent.« Stolze 50 Prozent hat die TU schon in der angegliederten, altehrwürdigen Studienbrauerei erreicht: Zwei der vier Azubis, die dort eine Lehre zum Brauer und Mälzer absolvieren, sind junge Frauen.

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