Guckloch ins Mittelalter

Ausstellung zu Archäologie und Stadtplanung

  • Jenny Becker
  • Lesedauer: 3 Min.

Unter dem Berliner Asphalt liegen rätselhafte Welten versteckt. Mittelalterliche Fundamente, eine Lateinschule, tausende Gräber. Solche Überreste vergangener Epochen wurden in letzter Zeit ans Großstadtlicht befördert. Die Entdecker waren meistens keine Archäologen, sondern Bauarbeiter: Baumaßnahmen fördern die erstaunlichsten Funde zutage und sind zugleich deren größte Bedrohung. Immer wieder werfen sie die Frage auf, wie man mit dem historischen Erbe umgeht.

Jetzt ist in Berlin erstmals eine Ausstellung zu sehen, die das Verhältnis von Archäologie und Stadtplanung in der Hauptstadt thematisiert. »Eine Zukunft für unsere Vergangenheit« nennt sich die Schau der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, die am vergangenen Freitag eröffnet hat. In einem einzigen Raum wird das Spektrum archäologischer Grabungen in Berlin auf 20 Schautafeln gezeigt. Ergänzt von einigen Originalfundstücken, Skizzen und einem Film.

»Die Stadt ist eine Ansammlung verschiedener Zeitschichten«, sagte Senatsbaudirektorin Regula Lüscher im Vorfeld der Eröffnung. Es habe sich gezeigt, dass die historische Mitte Berlins »nahezu flächig im Untergrund erhalten geblieben« sei. Erklärtes Ziel der Ausstellung ist es, »Möglichkeiten der Erhaltung von Bodendenkmalen und deren Integrierung in die Stadtplanung« zu erörtern.

Allerdings wird nur ein knapper Überblick gegeben über die vier aktuellen archäologischen Projekte Schlossplatz, Petriplatz, Rathaus und Jüdenhof. Wer verschiedene architektonische Vorschläge erwartet hat, oder gar ein Abwägen ihres Für und Wider, wird enttäuscht. Dafür stellt die Senatsverwaltung mit der Ausstellung ihr Projekt »Zukunftsraum historische Mitte« vor. Es sieht vor, aus den Grabungsstätten »Archäologische Fenster« zu machen, sie also begehbar oder hinter Glas zu präsentieren. Die historische Schlosshalle etwa soll man betreten können, das Alte Rathaus durch eine Scheibe betrachten. Geplant ist ein Ärchäologischer Pfad, der die Fenster verbindet und dessen Höhepunkt ein Besucherzentrum über den Fundamenten der Petrikirche sein soll.

Ganz neue Möglichkeiten für die Verbindung von Alt und Neu bietet das Archäologische Informationssystem Berlin (AISBer). Es verschmilzt historische Karten mit aktuellen Informationen für jede Parzelle und soll als Planungsgrundlage dienen, um Bauprojekte von Anfang an besser auf Grundstücke und ihr historisches Erbe abzustimmen.

Streitpunkte spart die Ausstellung aus. Wer über »Archäologie und Stadtplanung in Berlin« nachdenkt, darf aktuelle Debatten wie jene um den Weiterbau der U 5 nicht verschweigen. Viele Bürger befürchten, dass die Bauarbeiten aus Kostengründen zu rasch fortgesetzt werden und jene Teile des historischen Rathauses und seiner Umgebung zerstören, die noch nicht freigelegt sind. Anfang Februar hat sich darum das »Bürgerforum Historische Mitte Berlin« gegründet, das eine öffentliche Debatte um die Planungen zum U-Bahnbau anstoßen möchte. Zu einer ersten Veranstaltung zum Thema »Altes Rathaus« lädt das Forum heute um 19 Uhr in die Marienkirche in Mitte. Dann wird sich zeigen, was die Berliner unter dem Thema Archäologie und Stadtplanung verstehen.

Bis 29.4., Eintritt frei, Am Köllnischen Park 3, Gebäude der Senatsverwaltung, Lichthof/Südsaal

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