Kein öffentliches Register für Neugierige

Grundbucheinsicht

  • Lesedauer: 2 Min.
Ein Mann schuldete einer Berlinerin 10 000 Euro. Sie schickte den Gerichtsvollzieher, der jedoch in der Wohnung des Hartz-IV-Empfängers keine pfändbaren Sachen fand. Die Frau wollte nicht glauben, dass da nichts zu holen war. Sie fragte beim Grundbuchamt nach, ob dem Schuldner wohl das Mehrfamilienhaus gehöre, in dem er wohne. Das wurde verneint.

Nun wollte die Gläubigerin wissen, wer denn sonst Eigentümer des Anwesens sei: Möglicherweise sei er ja Vermieter ihres Schuldners oder könne wenigstens den Namen des Vermieters mitteilen. Dann könnte sie eventuell beim Ende des Mietverhältnisses die Kaution verlangen.

Das Grundbuchamt beim Amtsgericht Niebüll gab keine Auskunft. Dagegen legte die Berlinerin erfolglos Beschwerde ein.

Das Grundbuch sei kein öffentliches Register, in dem sich jedermann informieren könne, erklärte das Oberlandesgericht Schleswig. Wer im Grundbuch eingetragen ist, müsse es nicht hinnehmen, dass dritte Personen nur aus Neugier Einblick in Rechts- und Vermögensverhältnisse bekämen. Wenn jemand Einsicht ins Grundbuch nehmen wolle, müsse er/sie sachliche Gründe dafür vortragen und ein berechtigtes Interesse darlegen. Das sei im konkreten Fall nicht ersichtlich.

Die Berlinerin habe mit dem Eigentümer des Mehrfamilienhauses überhaupt nichts zu tun. Die einzige Verbindung liege darin, dass ihr Schuldner in dem Haus wohne. Es stehe nicht einmal fest, ob er selbst Eigentümer der fraglichen Wohnung und damit Vermieter des Hartz-IV-Empfängers sei. Anhaltspunkte dafür, dass der Schuldner – dessen Miete vom Jobcenter bezahlt werde – gegen den Hauseigentümer finanzielle Ansprüche haben könnte, gebe es ebenfalls keine.

Beschluss des Oberlandesgerichts Schleswig vom 12. Januar 2011, Az. 2 W 234/10

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