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Jüdische Lithografien – in Peking entdeckt

Wertvolles Geschenk für die Brandenburger Bibliothek der im Faschismus verbotenen Bücher

Ein Verein und eine Stiftung betreiben die Bibliothek.
Ein Verein und eine Stiftung betreiben die Bibliothek.

Herbert Driebe benötigt Unterstützung. In Potsdam baut er eine Brandenburger Bibliothek der im Faschismus verbotenen Bücher auf. Am Sonnabend liegt die Eröffnung genau ein Jahr zurück. Doch die Regale sind noch lange nicht so gut gefüllt, wie es sich Driebe wünscht. Der 56-Jährige ist auf Geschenke und Geldspenden angewiesen, um seinem Ziel näher zu kommen. Geholfen haben bislang zwei Veröffentlichungen im ND über das Projekt. Hinterher meldeten sich immer Leser, die etwas abzugeben hatten. Driebe hofft, dass es nun wieder so sein wird.

Die Werke von 580 Autoren durften in der Nazizeit nicht verlegt werden. In der Bibliothek werden alle Bücher jener Autoren gesammelt – auch die erst später veröffentlichten, die nicht von den Faschisten verbrannt wurden. Driebe arbeitet an einer Bücherliste, alphabetisch geordnet nach den Autorennamen. Bis zum Buchstaben D drang er bereits vor. Was er schon hat, markiert der einstige DKP-Landesvorsitzende blau. Die Farbe kommt jedoch selten vor. Das meiste bleibt schwarz. »Es fehlt beispielsweise noch viel von Bertolt Brecht«, bedauert Driebe, der arbeitslos ist. Er sucht ebenfalls Werke von Romain Rolland, Arthur Schnitzler, Carl Zuckmayer und vielen anderen. »Von Albert Einstein habe ich auch nichts.« Über einige schon ergatterte Bücher freut sich Driebe besonders. Er zeigt eine Ausgabe von Brechts »Furcht und Elend des Dritten Reiches«, erschienen 1948 im Aufbau-Verlag, oder eine Biografie Ferdinand Lassalles von 1923.

Die wertvollsten Stücke der Bibliothek sind drei Exemplare mit Lithografien: »Gleichnisse«, »Jüdische Köpfe« und »Das Jahr des Juden«, alle 1920 herausgebracht vom Verlag für jüdische Kunst und Kultur Fritz Gurlitt Berlin. Nur eins davon heute antiquarisch zu erwerben, hätte um die 300 Euro gekostet, fand Driebe heraus. Er hat die drei Bücher geschenkt bekommen von Erhard Scherner, der sie 1957 auf einem Markt in der Altstadt von Peking entdeckte und kaufte. Wahrscheinlich sind die Bücher im Gepäck eines Emigranten dorthin gelangt.

Scherners Beziehungen nach China ergaben sich durch seine Ehe mit der Sinologin Helga Scherner. Gemeinsam übertrug das Paar fernöstliche Lyrik ins Deutsche. Der Berliner Arbeitersohn machte 1947 Abitur, unterrichtete ein Jahr lang als Neulehrer, studierte Germanistik, war unter anderem Mitarbeiter des Schriftstellerverbandes und stellvertretender Chefredakteur der »Neuen Deutschen Literatur«. Im Herbst soll Scherner in der Bibliothek auftreten. Zunächst jedoch liest heute um 18 Uhr Matthias Krauß aus seinem Buch »Hoch über Sumpf und Sand«.

Brandenburger Bibliothek der im Faschismus verbotenen Bücher, Hessestr. 19 in Potsdam, Tel.: (0331) 23 14 70 29

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