Ein kleiner Sieg für Mumia Abu-Jamal

US-Gericht urteilte zugunsten des US-Bürgerrechtlers / Hinrichtung droht aber weiter

  • Birgit Gärtner
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Richter des 3. Bundesberufungsgerichts in Philadelphia (USA) machten dem seit 1981 inhaftierten Mumia Abu-Jamal am Dienstag ein zweitägig verspätetes Geburtstagsgeschenk: Sie schenkten ihm sein Leben. Jedenfalls vorläufig. Die letztendliche Entscheidung fällt der Oberste Gerichtshof der USA, der Supreme Court. Am Ende des Verfahrens gegen den Bürgerrechtler kann immer noch das Todesurteil stehen. Einen zeitlichen Rahmen dafür gibt es nicht.

Mumia Abu-Jamal war am 9. Dezember 1981 in Philadelphia verhaftet, weil er den Polizisten Daniel Faulkner erschossen haben soll. Trotz fragwürdiger Beweise, nach offensichtlich manipulierten Akten, erpressten Zeugenaussagen und einer von Richter und Staatsanwalt unzulässig beeinflussten Jury wurde er im Juli 1982 nach einer fünfzehntägigen Verhandlung zum Tode verurteilt. Seitdem kämpft er, unterstützt von Amnesty International und einer weltweiten Solidaritätsbewegung, für die Wiederaufnahme seines Verfahrens, um seine Unschuld beweisen zu können.

Im Dezember 2001 ordnete Richter William Yohn vor dem Bundesbezirksgericht in Philadelphia die Aussetzung der Todesstrafe und deren Umwandlung in lebenslange Haft ohne Bewährung an. Dieses Urteil wurde indes nie rechtskräftig, da die Gegenseite umgehend Berufung dagegen einlegte. Am 17. Mai 2007 fand vor dem 3. Berufungsgericht in Philadelphia eine Anhörung statt. Die drei Richter bestätigten im März 2008 die Entscheidung von Richter Yohn von 2001.

Die Bezirksstaatsanwaltschaft Philadelphia legte gegen dieses Urteil beim Supreme Court Berufung ein. Der Oberste Gerichtshof entschied daraufhin, den Fall an das Gericht in Philadelphia zurückzuverweisen, mit der Maßgabe, die Richter mögen ihre Entscheidung vor dem Hintergrund des Falles des als Mörder verurteilten Neonazis Frank Spisak noch einmal überdenken. Bei dessen Prozess waren die Geschworenen nicht darauf hingewiesen worden, dass sie strafmildernde Umstände hätten geltend machen und lebenslange Haft statt Todesstrafe verhängen können.

Der Supreme Court meinte, Ähnlichkeiten in den beiden Fällen entdeckt zu haben, weil im Falle Abu-Jamal die Jury vom Staatsanwalt falsch informiert wurde: Ihnen wurde gesagt, sie könnten ruhig die Todesstrafe verhängen, da der Angeklagte »Berufung nach Berufung« einlegen könnte.

Die Richter dachten nach – vom 9. November 2010 bis zum Dienstag dieser Woche – und blieben bei der bereits 2008 geäußerten Ansicht, dass das 1982 wegen Polizistenmordes verhängte Todesurteil auf Grund der Fehlinformation der Jury verfassungswidrig sei. Damit ist das Todesurteil nicht endgültig vom Tisch, der Supreme Court kann die Entscheidung aus Philadelphia übergehen, und letztendlich doch die Exekution anordnen.

Der Rechtshilfefonds der National Association for the Advancement of Coloured People (Nationale Organisation für die Förderung farbiger Menschen) begrüßte die Entscheidung: »Die erneute Anerkennung der Existenz eines klaren Verfassungsbruchs im Verfahren gegen Mumia Abu-Jamal durch das 3. Bundesberufungsgericht in Philadelphia stärkt das Vertrauen in das System der Strafjustiz und trägt dazu bei, die Art von Unfairness, auf der dieses Urteil beruhte, zu einer Sache der Vergangenheit zu machen«, betonte John Payton, juristischer Leiter des Fonds in einer Pressemitteilung der Organisation

Die Juraprofessorin Judith Ritter, die Mumia Abu-Jamal bei der Anhörung im November vertrat, merkte an, dass »die verwirrenden und irreführenden Anweisungen und Formulare, auf die sich die Jury in Abu-Jamals Verfahren stützen musste, schon vor langer Zeit abgeschafft wurden, um unfairen und ungerechten Todesurteile einen Riegel vorzuschieben. Die Gerichte verwenden heute eine klare und unmissverständliche Sprache, um die Geschworenen über ihre Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Umständen aufzuklären, die für eine lebenslange Haftstrafe sprechen.«

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