Vom Altar zum Geldautomaten

Auch in Brandenburg schrumpfen die Kirchengemeinden. In einigen Gotteshäusern gibt es längst neue Mieter

  • Gudrun Janicke, dpa
  • Lesedauer: 2 Min.
Sie stehen fast immer im Mittelpunkt: Kirchen in Brandenburgs Dörfern und Städten. Etliche sind winzig und aus Feldsteinen gebaut, andere imposant und aus rotem Backstein. Die meisten werden weiter für Gottesdienste genutzt, andere dienen inzwischen weltlichen Zwecken.

Potsdam. Brandenburgs Kirchen zeigen die Geschichte des Landes. Viele Gebäude stehen unter Denkmalschutz. Sie haben zum Teil einige Jahrhunderte auf dem Buckel. In den meisten werden heute noch wie eh und je Gottesdienste gefeiert, doch der demografische Wandel macht sich vielerorts bemerkbar. In vielen Gemeinden sinkt die Zahl der Mitglieder. Die Frage ist: Sind die Kirchen zu groß für weniger Menschen? Müssen neue »Mieter« oder »Mitbewohner« gesucht werden?

Der Bischof der evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge, betont, dass in der Region erst wenige Kirchen aufgegeben werden mussten. »Es ist sehr schmerzhaft, wenn ein Gotteshaus, in dem Menschen ihre Taufe oder Konfirmation erlebten, nicht mehr als Kirche dient.« Man müsse Möglichkeiten finden, den Bestand nicht mehr benötigter Kirchen zu sichern. »Die nächste Generation soll die Chance haben, hier wieder kirchliches Leben zu erleben.«

In Brandenburg gibt es etwa 2000 evangelische Kirchen, von denen nur knapp 60 nicht kirchlich genutzt werden. In der St. Marien-Kirche in Müncheberg etwa ist unter anderem die öffentliche Bibliothek untergebracht. Die Wendische Kirche in Vetschau dient der Stadt auch als Kulturzentrum. In Milow wiederum ist eine Sparkasse eingezogen: Dort wo einst der Altar stand, kann man heute Geld aus dem Automaten ziehen. In Küstrinchens Kirche finden inzwischen außer Gottesdiensten auch Konzerte und Dorffeste statt.

Die Katholiken haben in Brandenburg noch etwa 80 Kirchen und Kapellen. Seit 2003 wurden nach Verwaltungsangaben höchstens eine Handvoll Kapellen verkauft, die zu Wohnungen umgebaut werden. Derzeit bietet die Gemeinde Heilige Dreifaltigkeit in Brandenburg an der Havel die Kirche und den Gemeindesaal St. Bernhard zum Verkauf an.

In den Gemeinden der beiden großen Kirchen kümmern sich in der Regel die Bürger um den Erhalt der Bauwerke, die Zentrum der Gemeinschaft sind. Der Förderkreis Alte Kirchen Berlin-Brandenburg bemüht sich seit 20 Jahren um die sakralen Bauwerke. Engagierte Bürger setzen sich dafür ein, spenden Geld oder legen selbst mit Hand an. Dächer werden abgedichtet oder erneuert, Fundamente und Wände trockengelegt, Fensterscheiben ersetzt und die eine oder andere Schönheitsreparatur erledigt.

Bischof Dröge freut sich, wenn die Gotteshäuser weiter offen bleiben – auch für kulturelle Veranstaltungen. Allerdings: »Noch besser ist es, wenn auch von Zeit zu Zeit wieder kirchliches Leben einzieht.«

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal