Sparsam wohnen, teuer wohnen

Degewo investiert in energetische Modernisierung / Mietsteigerungen um bis zu 14 Prozent

  • Sonja Vogel
  • Lesedauer: 3 Min.

In den kommenden fünf Jahren wird die Berliner Wohnungsbaugesellschaft Degewo 5725 Wohnungen energetisch modernisieren. Dies kündigte gestern Vorstandsmitglied Frank Bielka an. »Wir werden dafür 262 Millionen Euro investieren«, erklärte er.

Die Degewo bewirtschaftet 71 000 Wohnungen und gehört damit zu den größten Wohnungsbaugesellschaften Berlins. Wegen sinkender Gesamtschulden seien nun Investitionen in den bisher vernachlässigten Bestand möglich, teilte der Vorstand mit. Die angekündigten Modernisierungsarbeiten umfassen die Erneuerung von Fenstern, Heizungen, Bädern und einer Fassadendämmung. Geplant sind sie in den Quartieren Gropiusstadt und Marienfelde Süd, in den Alboinhöfen in Tempelhof und im Schillerhof im Wedding.

Die Modernisierung der Gropiusstadt ist ein lukratives Geschäft. Das Quartier ist verkehrsgünstig gelegen, aber ohne Lärmbelastung. »Die Gropiusstadt ist ein Quartier der Zukunft«, so Vorstandsmitglied Bielka. Von den 4357 Wohnungen der Degewo ist die Mehrzahl unsaniert. 2009 / 2010 waren 436 Wohneinheiten modernisiert worden – die Betriebskosten sanken durch Energieeinsparungen von 0,83 auf 0,35 Euro je Quadratmeter. Die Warmmiete erhöhte sich um elf Prozent auf 7,83 Euro.

Trotzdem sind die Degewo-Mieten vergleichsweise nur moderat gestiegen. Die Nettokaltmieten des Bestandes werden im Schnitt bei 5,03 Euro notiert. »Damit liegt die Degewo unter dem Mietspiegel-Niveau«, sagt Frank Bielka. Die Betriebskosten belaufen sich auf 2,50 Euro pro Quadratmeter. Durch die Sanierung rechnet das Unternehmen mit einer Senkung um mindestens 30 Cent pro Quadratmeter. Durch die Installation von Photovoltaik-Anlagen und Solartechnik wäre laut Vorstand eine Ersparnis um weitere sieben Cent möglich.

Dass Modernisierungen dieser Art von den Berlinern gewünscht sind, ergab eine von der Degewo in Auftrag gegebene Umfrage. 87 Prozent der über 1043 Befragten befürworten demnach Investitionen in die energetische Sanierung. 53 Prozent würden sich an den Kosten beteiligen wollen, 40 Prozent allerdings lehnen eine Beteiligung der Mieter grundsätzlich ab. Dies decke sich mit seinen Erfahrungen, bestätigte Frank Bielka: »Es ist Konsens, dass Sanierungen notwendig sind – die Kosten tragen möchte aber fast niemand.« Das Unternehmen sieht darum die Politik in der Pflicht, die Mehrkosten zu vermitteln.

»Wer bezahlt?« ist auch für Vorstandsmitglied Christoph Beck die Kernfrage der energetischen Modernisierung. Im besten Fall erfolge die Finanzierung durch die Mieterschaft, gesellschaftliche Beteiligung und die öffentliche Hand. Sinkende Fördergelder und der Wegfall der Anschlussförderung bedeuteten allerdings auch steigende Mieten, zumal der Spielraum der Degewo wegen vergleichsweise geringer Renditeerwartung von 5 Prozent klein sei. »Wir verzichten auf Mietaufschläge, die uns gesetzlich zustünden«, sagt Christoph Beck.

Mietern, die Transferleistungen beziehen, droht dennoch der Umzug. »Das kann in Einzelfällen passieren«, bestätigte Frank Bielka. Vergleichszahlen der Degewo zeigen, dass die Warmmieten modernisierter Wohnungen um drei bis 14 Prozent gestiegen sind – für jene, die auf einen niedrigen Mietsatz angewiesen sind, untragbar. Die Modernisierungs-Skepsis ist also durchaus berechtigt. Zwar versichert die Degewo, sie bemühe sich um die Bereitstellung günstigerer Tauschobjekte aus dem Bestand. Wie brisant die Lage in den Modernisierungsgebieten ist, lässt sich aus einem Bericht von Frank Bielka erahnen. Demnach würden Hartz-IV-Empfänger dem Unternehmen immer häufiger »Schwarzgeld präsentieren und versichern, dass sie die höhere Miete schon bezahlen können«.

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