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Noch blond
Silvana Koch-Mehrin / Die FDP-Politikerin legt nach Plagiatsvorwürfen Ämter nieder
Der »Welt« galt sie einst als »Glamour-Girl der Liberalen« und »blonde Spitzenfrau mit Doktortitel«. Blond ist Silvana Koch-Mehrin noch. Doch der Glamour hat gelitten, und die Spitzenämter u. a. als Chefin der FDP-Gruppe im EU-Parlament und Vizepräsidentin desselben hat sie am Mittwochabend niedergelegt. Der Doktortitel ist in Gefahr. Einem Bericht der Internetplattform »VroniPlag Wiki« zufolge finden sich Plagiate auf 56 von 201 Seiten ihrer wirtschaftsgeschichtlichen Dissertation zum Thema »Die historische Währungsunion zwischen Wirtschaft und Politik. Die Lateinische Münzunion 1865-1927«. Zu den Vorwürfen äußerte sie sich nicht, forderte lediglich eine faire Prüfung der Universität Heidelberg.
Dass sie ihr Mandat im Europaparlament behalten möchte, kritisierte sogar ein Unionskollege. Doch Koch-Mehrin ist nun einmal Europapolitikern mit Haar und Haut. Mit der monatlichen Fernsehsendung »Silvanas Europa«, die auf Kabelkanälen zu sehen ist, möchte sie »dazu beitragen, das Interesse an Europa zu steigern«. Das Erotikmagazin »Praline« konnte sie gar für eine Kolumne zu europapolitischen Fragen gewinnen. Koch-Mehrin meinte, es sei wichtig, »alle Schichten der Gesellschaft anzusprechen«. Letzteres versuchte sie wohl auch mit Fotos von ihrem nackten Babybauch im »Stern«, nur blieb der politische Inhalt unklar. Ihre Erklärung, es handele sich um ein »dramatisches Zeichen der Emanzipation«, half da nicht viel weiter.
Dennoch gilt die dreifache Mutter schon beinahe als Feministin, da sie sich für ein Burka-Verbot in ganz Europa aussprach, die kinderfeindlichen Arbeitszeiten in der Politik kritisierte und den männlichen Kollegen im Europaparlament an den Straßburger Sitzungstagen ein Verhalten wie im Landschulheim vorwarf: »Nach dem Motto: Hier sieht mich keiner, hier kann ich machen, was ich will.« Sie legte nahe, dass deshalb dann »die Straßen zum Parlament« voller Prostituierter seien.
Vor allem aber ist Koch-Mehrin eine FDP-Politikerin durch und durch, die glaubt, soziale Probleme ließen sich mit Steuersenkungen lösen. Nur konsequent ist sie Fördermitglied der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, die den Slogan »Sozial ist, was Arbeit schafft« kreierte.
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