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Israel streitet um die Grenzen von 1967

US-Präsident bringt Demarkationslinien des größten Nahostkrieges ins Gespräch – für Israels Ministerpräsidenten unakzeptabel

  • Lesedauer: 3 Min.
US-Präsident Obama hat mit seiner Forderung nach einer Nahostfriedenslösung auf Grundlage der Grenzen von vor Beginn des Sechs-Tage-Krieges von 1967 bei Israels Regierungschef Netanjahu scharfe Ablehnung hervorgerufen. Obama verstehe offenbar nicht die Sicherheitsbedrohungen für Israel, ließ Netanjahu schon auf dem Flug in die USA erklären, wo er am Freitag eintraf und ein Gespräch mit Obama hatte. Die EU und die Bundesregierung begrüßten Obamas Grundsatzrede.

Washington/Jerusalem (dpa/ND). Mit seiner Grundsatzrede zu Nahost hat US-Präsident Barack Obama sowohl auf israelischer wie auf palästinensischer Seite für ablehnende Reaktionen gesorgt. Während die im Gaza-Streifen herrschende palästinensische Hamas-Organisation nicht verstehen kann, dass ihr mangelndes Demokratieverständnis unterstellt wird, ist Israel enttäuscht darüber, dass Obama die Grenzen, die vor dem arabisch-israelischen Krieg vom 5. bis 11. Juni 1967 bestanden, überhaupt erwähnt hat. »Obama hat es gewagt, die Worte ›Grenzen von 1967‹ auszusprechen, und das wird ihm nicht verziehen«, schrieb am Freitag die israelische Zeitung »Haaretz«.

Kurz vor einem Treffen im Weißen Haus am Freitag äußerte sich Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu enttäuscht über die jüngsten Friedensvorschläge Obamas. Dieser hatte dafür plädiert, die Grenzen von 1967 zwischen Israel und den Palästinensergebieten festzulegen und als Grundlage für einen gegenseitigen Gebietsaustausch der Konfliktparteien zu nehmen.

»Die Grenzen von Israel und Palästina sollten auf den Linien von 1967 basieren, mit einem Austausch, auf den sich beide Seiten verständigen, so dass für beide Staaten sichere und anerkannte Grenzen etabliert werden«, sagte Obama wörtlich. Dies würde unter anderem die Möglichkeit eröffnen, dass Veränderungen seit der israelischen Besetzung des Westjordanlands im Zuge des Sechs-Tage-Kriegs berücksichtigt werden. In diesem Krieg vom Juni 1967 hatte Israel weite Gebiete der arabischen Nachbarländer und des palästinensischen Siedlungsgebietes erobert.

Der israelische Regierungschef sagte noch vor seinem Abflug nach Washington, die Gründung eines Palästinenserstaates dürfe nicht auf Kosten der Existenz Israels erfolgen. Er erinnerte Obama in diesem Zusammenhang an eine Zusage der US-Regierung aus dem Jahr 2004, nach der von Israel kein Rückzug auf die Grenzen von 1967 erwartet werde. Diese Grenzen seien für Israel nicht zu verteidigen.

Lob für Obama kam dagegen aus Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßte die Nahostrede von Obama als »beeindruckend«. Sie forderte am Freitag die rasche Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, Grundlage für diese Verhandlungen sollten die Grenzen Israels von 1967 zusammen mit dem gemeinsam vereinbarten Gebietsaustausch sein. »Nichtstun darf keine Alternative sein«, unterstrich Seibert. »Die Rahmenbedingungen werden sich nicht verbessern.« Bundesaußenminister Guido Westerwelle wertete die Rede Obamas als Hinweis darauf, dass die USA den Friedensprozess wieder »mutig mitgestalten« wollten.

Lob für Obama kam am Freitag auch aus Jordanien. Außenminister Nasser Judeh sagte in Amman, die Erklärung Obamas über die Schaffung eines unabhängigen Palästinenserstaat in den Grenzen von 1967 sei von höchster Wichtigkeit. Es sei das erste Mal, dass ein US-Präsident eindeutig die US-Vision eines Palästinenserstaates in den Grenzen vom 4. Juni 1967 – vor Beginn des Sechstagekriegs – darlege, sagte Judeh.

Die Hamas-Organisation verbat sich noch am Donnerstagabend von Obama Lektionen in Demokratie. Darüber hinaus stellte Hamas-Sprecher Sami Abu Suhri in Gaza klar, dass seine Organisation unter keinen Umständen Israel anerkennen werde. Tagesthema Seite 2

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