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Waldkirch dreht durch

10. Fest für Leierkasten und Jahrmarktorgel

  • Michael Scheuermann, Waldkirch
  • Lesedauer: 3 Min.
Waldkirch in Baden-Württemberg gilt als die Stadt des Orgelbaus. Mit seinen Dreh-, Jahrmarkt- und Kirmesorgeln, Orchestrien und Kirchenorgeln hat sich die Schwarzwaldstadt international einen Namen gemacht.
Sie waren die Hightechgeräte des 18. und 19. Jahrhunderts und faszinieren im CD- und MP3-Zeitalter immer noch durch ihre Klangvielfalt. Gemeint ist die Drehorgel, der Waldkirch an diesem Wochenende mit dem Slogan »Waldkirch dreht durch« sein zehntes Orgelfest widmet. Im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts Hauptstadt des Dreh-, Jahrmarktorgel- und Orchestrionbaus, sperrt das Städtchen bei Freiburg drei Tage lang die Innenstadt für ein internationales Leierkastenspielertreffen und Kirmesorgel-Jahrmarktsflair. Seit den 1980er Jahren alle drei Jahre veranstaltet, huldigt das Fest dem Wiederaufschwung des Waldkircher Orgelbaus.

Betriebsamkeit in der Orgelwerkstatt von Jäger und Brommer: Das Lochband einer Drehleier wird justiert. Daneben schrauben Mitarbeiter durchsichtige Luftschläuche und matt glänzende Metallpfeifen in einen Holzrahmen. Die Luftöffnungen eines mit Pfeifen gespickten Baumstamms werden überprüft – ein Orgelkunstobjekt. An der Wand lagern mächtige Teile einer zerlegten Kirchenorgel.

»Wir liefern bis in die USA, China, Japan und Australien«, erklärt Orgelbaumeister Wolfgang Brommer. Großaufträge, die Jahre an Planung und Bau bedeuten, betont er. Weitere wichtige Standbeine seien Orgelrestaurationen sowie Bau und Reparatur automatischer Spielwerke wie Orchestrions, Jahrmarkt- und Drehorgeln.

Ebenso international und vielfältig hält das 20 000-Einwohner- Städtchen während der drei Festtage von Freitag bis Sonntag seine Orgelbautradition – darunter Namen wie Ignaz Blasius Bruder und August Weber - hoch. Leierkastenspieler auf Plätzen, in Gassen und Parks sind avisiert, die Präsentation der weltgrößten Drehorgel, Orgelkonzerte und Aufführungen, Theater und Vorträge in Kirchen, Museen und auf Open-Air-Bühnen. Auch ein Orgeljazzer und eine chilenische Drehorgeltruppe, Kinderprogramme und -workshops sorgen für die richtige Unterhaltung. Das Elztalmuseum zeigt historische Spielwalzen, Stanzen von Notenrollen und die Kunst der Musikzeichnerei.

Rund 200 Künstler und Orgelexperten mit Vorführungen und Berichten über Technik und Handwerkstraditionen erwartet Organisationsleiter und Stadtarchivar Gregor Swierczyna. 23 Groß- und über hundert Kleinorgeln, historische wie neue, seien vertreten. Vornehmlich Spielwerke, die in der über 200-jährigen Orgeltradition Waldkirchs gebaut und in die Welt gegangen seien, habe er hergeholt.

Werkstatteinblicke in Technik, Apparate und Spielwerke geben neben der Firma Jäger und Brommer auch die drei anderen ortsansässigen Orgelbau- und Restaurationsbetriebe. Wolfgang Stützle als Enkel der Orgelbauerfamilie Kiene steht dabei für den traditionellen Kirchenorgelbau. Achim Schneider hat die Serinette, eine Kleinstorgel der Barockzeit in Schuhschachtelgröße, zu neuem Leben erweckt. Mit ihr wurden einst Kanarienvögeln zeitgenössische Hits beigebracht. Die Firma Paul Fleck restauriert Dreh- und Kleinorgeln und Flötenuhren.

Erstmals zum 10. Waldkircher Orgelfest eingeführt, sind die Niederlande als Partnerland auf der Orgelschau vertreten. Besondere Ehren erfährt hierbei der deutsche Orgelbauer und Orchesterorgelmusikschreiber Carl Frei, der sich zwischen den beiden Weltkriegen in Holland in diesem Metier einen Namen schuf.

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