Freiheit Ost

Monika Maron zum 70.

  • Hans-Dieter Schütt
  • Lesedauer: ca. 6.0 Min.

Just jener Gedanke, den man nur als etwas Unangenehmes aushalten könnte und den man deshalb nicht in Kopf und Gemüt behalten will – er ist oft genau das, was sich am längsten hält. Man will wegstoßen, was reizt, was angreift, was einschneidet – aber das Abstoßende kann Sog entwickeln.

So erging es mir stets bei Essays der Erzählerin Monika Maron, etwa in ihren Büchern »Nach Maßgabe meiner Begreifungskraft« und »Zwei Brüder«. Bücher über Ost-West-Deutsches. Du stehst, wenn du die DDR mit durchpulstem Ja-Wort gelebt hast, nicht sehr gut da im leidenschaftlichen Ab-Urteil dieser Autorin. Du sagst Überzeugung, sie sagt Anpassung. Du sagst Sozialismus, sie entgegnet Biedermannstum. Du sagst Sinn, sie sagt Unfreiheit. Du sagst Ideal, sie wirft Hörigkeit ein. Du sagst Geborgenheit, sie fragt nach deren Preis aus Lügen, Bequemlichkeit, Verdrängung und unleugbarer Angst. Du sagst und sagst, sie aber fragt und klagt an, und ich gestehe eine mähliche Kapitulation – bei der freilich Gewinn möglich wurde. Der darin bestand, diese unnachsichtigen Gedanken auszuhalten und so den Grad einer unerwartet gefühlten Selbstbefreitheit zu erhöhen. Selbstbefreitheit, die irgendwann nicht mehr zuließ, bestimmte Dinge noch im Nachhinein weit...


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