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Der Widerstand wird weggetragen

Polizei räumt Blockaden von Stuttgart-21-Gegnern / Bahn setzt Bauarbeiten fort

  • Lesedauer: 3 Min.
Die Bahn hat die Bauarbeiten am Stuttgarter Hauptbahnhof wieder aufgenommen. Dagegen regte sich gestern Protest, die Ordnungsmacht schritt ein. Ein Ende des Streits um das milliardenschwere Projekt ist nicht in Sicht.

Stuttgart (Agenturen/ND). Nach zweimonatiger Pause hat die Deutsche Bahn am Dienstag die Bauarbeiten am umstrittenen Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 wieder aufgenommen. Die Polizei löste am Morgen zwei Sitzblockaden von Projektgegnern am Bahnhof auf und trug mehr als hundert Demonstranten fort.

Nach Angaben der Polizei und eines Sprechers der Projektgegner blockierten rund 300 Demonstranten die Zufahrt zur Baustelle des geplanten Grundwassermanagements. Etwa 120 von ihnen beteiligten sich dann an zwei Sitzblockaden und wurden von der Polizei ohne Zwischenfälle weggetragen. Nach Angaben der Polizei verliefen die Demonstrationen friedlich, größere Auseinandersetzungen gab es nicht.

Laut Bahn fanden zunächst »Vorbereitungsarbeiten« am Grundwassermanagement und an der Decke eines unterirdischen Technikgebäudes statt. Unumkehrbare Arbeiten werde es bis zur Auswertung des Stresstests zur Leistungsfähigkeit des Neubaus am 14. Juli nicht geben.

Der zweimonatigen Baustopp an dem Bahnhof war wegen des baden-württembergischen Landtagswahlkampfs und der Bildung der neuen grün-roten Landesregierung verhängt worden. Die von Grün-Rot gewünschte Aussetzung der Bauarbeiten bis zu einer Volksbefragung über das Projekt im Oktober lehnte die Bahn wegen angeblicher Kosten in Höhe von 410 Millionen Euro ab. Die Landesregierung kritisierte diesen Betrag als intransparent und erteilte der Beteiligung an den Kosten deshalb eine Absage.

Landes-Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) bedauerte die Aufnahme der Arbeiten: »Die Bahn hat leider das getan, wovor wir sie gewarnt haben. Sie sollte nicht weiterbauen – wenigstens bis zum Ende des Stresstests«, erklärte er. Auch die Parkschützer kritisierten die Wiederaufnahme der Bautätigkeiten. »Je mehr die Bahn das Risiko des Weiterbauens und damit weiterer Kosten eingeht, umso mehr werden wir Gegner von Stuttgart 21 auf die Straße gehen und dagegen protestieren«, versprach ihr Sprecher, Matthias von Herrmann. Und Ulrich Maurer, stellvertretender Vorsitzender der Linksfraktion im Bundestag, nahm insbesondere die Grünen aufs Korn. »Vor der Wahl waren die Grünen noch gegen das Milliardengrab Stuttgart 21. Nach der Wahl lassen sie Demonstrationen gegen die Wiederaufnahme der Bauarbeiten räumen«, empörte sich der Politiker.

Unterdessen droht der Bahn womöglich eine weitere Bauverzögerung, weil nach Ansicht des Stuttgarter Umweltministeriums ein neues Planfeststellungsverfahren zu dem Mammutprojekt eingeleitet werden muss. Der Grund: Die Bahn will mittlerweile die Grundwasserentnahme während der siebenjährigen Bauzeit auf 6,8 Millionen Kubikmeter mehr als verdoppeln. Ursprünglich beantragt und genehmigt war dagegen die Entnahme von nur drei Millionen Kubikmeter Wasser. Nach den Worten Hermanns stellt sich somit auch die Frage, »ob die Fortsetzung der Bauarbeiten durch die Bahn überhaupt rechtens ist«.

Beim Bahnprojekt Stuttgart 21 soll der bisherige Kopfbahnhof in eine unterirdische Durchgangsstation umgewandelt werden. Der Stresstest soll zeigen, ob der geplante Tiefbahnhof tatsächlich in der Lage ist, in einer Hauptverkehrszeit am frühen Morgen 30 Prozent mehr zu leisten als der gegenwärtige Kopfbahnhof.

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