Jahn fordert ruhige, sachliche Aufklärung

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Potsdam (epd). Der Stasi-Bundesbeauftragte Roland Jahn hat die brandenburgische DDR-Enquete-Kommission zu einer sachlicheren Arbeit aufgerufen. Die Diskussion sei derzeit »aufgeregt, engstirnig und meist von parteipolitischen Interessen bestimmt«, sagte Jahn der »Märkischen Allgemeinen Zeitung«. Das sei »nicht hilfreich« für eine ernsthafte Aufarbeitung der Geschichte. Erforderlich sei stattdessen »ruhige, sachliche Aufklärung«. Zugleich rief Jahn Brandenburgs ehemaligen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD) dazu auf, die eigenen Stasi-Kontakte in der DDR aufzuarbeiten. Sinnvoll wäre es, wenn der frühere Jurist und Konsistorialpräsident der evangelischen Kirche »sein Verhalten in der DDR noch einmal neu hinterfragt«, sagte Jahn. Stolpe habe sich zwar »sehr für das, was wir in der DDR-Opposition wollten, eingesetzt«. Er habe jedoch durch seine Einbindung in das System auch Oppositionelle entmündigt.

In der vergangenen Woche hatte der von der Enquete-Kommission bestellte Gutachter Jens Schöne seinen Auftrag für eine Studie über die Landwirtschaft nach 1990 wieder abgegeben und den Umgang der Politik mit den beauftragten Gutachtern kritisiert. Davor hatte der Politikwissenschaftler Wolfgang Merkel sein Amt als Sachverständiger niedergelegt und dies auch mit der teils unwissenschaftlichen Arbeit von Gutachtern begründet. Politiker der rot-roten Koalition und der Opposition aus CDU, Grünen und FDP haben in den vergangenen Wochen wiederholt über die Arbeit der Kommission gestritten.

Wegen Mängeln bei der DDR-Aufarbeitung in den 90er Jahren sei in Brandenburg inzwischen ein Klima entstanden, »in dem Stasi-Fälle skandalisiert werden können«, kritisierte Jahn. Wichtig sei es jedoch, DDR-Biografien differenziert zu betrachten: »Es ist wichtig, genauer hinzuschauen, warum sich Menschen wie verhalten haben.« Er verurteile niemanden, der sich angepasst habe, betonte Jahn. Den Preis für diese Anpassung bis hin zum Gefängnis hätten jedoch oft andere bezahlen müssen. »Darüber gilt es nachzudenken«, sagte er.

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