BLOGwoche: Der Stock im Po

  • Enno Park
  • Lesedauer: 2 Min.

Ein altes Bonmot besagt: Fußball ist, wenn 22 Idioten hinter einem Ball herrennen – wo übrigens sehr viel Wahres dran ist. Das war so ungefähr auch meine Haltung, bis ich mich bei einem Krankenhausaufenthalt mehr oder weniger zwangsweise mit den Vorrundenspielen der Männer-Fußball-WM 1994 auseinandersetzen musste und zu dem Ergebnis kam, dass es voll okay ist, wenn Unterhaltung die niederen Instinkte stimuliert, solange man keine Religion draus macht – übrigens der Grund, warum ich dann seither mit den Ligen, Fantum und Vereinsmeierei nicht wirklich warm werden konnte, bis heute aber sehr gerne die Fußball-WM und -EM verfolge.

Es gibt keine objektive Messlatte für Relevanz. Relevant ist alles, was Menschen wichtig ist. Wenn sich viele für »Deutschland sucht den Superstar« oder »Germany’s next Topmodel« interessieren, dann erzeugt das Relevanz, egal wie weh das tut. Relevanz ist urdemokratisch, wird aber häufig fälschlich mit Niveau verwechselt – zum Beispiel immer dann wenn Fußball-Hasser wieder von der Irrelevanz des Fußballs reden. Interessant wird die Lage jedoch, wenn Fußball-Freunde von der Irrelevanz des Frauen-Fußballs reden.

Dass die Frauen-Fußball-WM 2011 auch frauenfeindliche Reaktionen hervorrufen würde, war klar. Dass es im Rahmen der WM sexistische Witze hagelt, ist auch keine so große Überraschung. Wirklich überraschend ist, dass Frauenfußball sichtbar macht, wie viele Menschen dann doch mit einem Stock im Po herumlaufen. Warum sorgt sich die »taz« um den Feminismus, wenn sich die Spielerinnen so gar nicht feministisch geben mögen und jenseits des Fußballs gerne ihre Weiblichkeit unterstreichen – und ortet dann doch Feminismus, wo keiner sein will? Warum ängstigt sich die »Zeit«, von der Frauen-Fußballnationalmannschaft werde das Unmögliche verlangt – und würde sie wirklich dasselbe vor einem Männer-Turnier schreiben?

Der Autor ist Mediengestalter und Softwareentwickler. Er arbeitet als freier Unternehmensberater für Onlinemarketing, Kommunikation und SocialMedia; zum Weiterlesen: www.ennomane.de/2011/06/25

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